SZ-Kolumne "Bester Dinge":Heiliger Bimbam

(Symbolbild) (Foto: dpa)

Im saarländischen Heusweiler ist während des Gottesdienstes eine 725-Kilo-Glocke abgestürzt. Die Gemeinde feierte einfach weiter.

Von Martin Zips

Im Christentum ist die Glocke die akustische Verbindung zwischen Himmel und Erde. Da sollte man immer gut hinhören! Abends gebimmelt wird seit dem 13. Jahrhundert (weil Maria abends vom Erzengel Gabriel ihren positiven Schwangerschaftstest bekam). Seit dem 14. Jahrhundert wird zudem morgens gebimmelt (weil Maria am Tage der Kreuzigung schon in der Früh recht traurig war) und seit dem 15. Jahrhundert auch mittags (wegen der Türken, die Belgrad belagerten). Vom Saarland aus gesehen sind Türken entweder Franzosen oder Deutsche, Gründe zum Bimmeln gibt es da mehr als genug.

Im Turm des katholischen Gotteshauses Mariä Heimsuchung im saarländischen Heusweiler ist am Sonntag eine 725-Kilo-Glocke aus dem Holzgestell gekracht. Zu Schaden kam glücklicherweise niemand.

Interessant ist, dass die Gläubigen ein paar Etagen tiefer einfach weitergemacht haben, mit ihrem Gottesdienst. Vielleicht haben sie kurz gedacht: "Du liebe Läute!", aber dann haben sie in ihren Bänken gleich wieder das Gebetbuch aufgeschlagen und gesungen. So schöne Lieder wie "Fest soll mein Taufbund immer stehen". In der Erzdiözese München und Freising ist das die Nummer 807 im "Gotteslob", aber im Saarland wahrscheinlich was ganz Anderes.

Und es stimmt ja auch: Nirgendwo muss man als Christ den Tod weniger fürchten als dort, wo Gott besonders gut zu hören ist. Dass er plötzlich mit Glocken um sich wirft, muss nicht zwangsläufig mit Sahra Wagenknecht oder Oskar Lafontaine zusammenhängen. Manchmal ist das ganz einfach: Materialermüdung.

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