Nordrhein-Westfalen:Explosion in Ratingen: Anklage wegen versuchten Mordes erhoben

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In Ratingen herrschte am 11. Mai Ausnahmezustand. Nach einer Explosion gab es mehrere Verletzte. (Foto: Roberto Pfeil/AFP)

Der Vorwurf richtet sich gegen einen 57-jährigen Mann. Bei der Tat im Mai wurden neun Polizisten und Rettungskräfte zum Teil lebensgefährlich verletzt.

Nach der Explosion in einem Ratinger Hochhaus im Mai hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Anklage wegen neunfachen versuchten Mordes erhoben. Der Vorwurf richte sich gegen einen 57-jährigen Bewohner des Hauses, teilte die Behörde mit. Er soll Polizisten und Feuerwehrleute mit mehreren Litern Benzin überschüttet und mit dem Wurf eines brennenden Textils angezündet haben. Zwei Polizisten sowie sieben Feuerwehrleute und Rettungsdienst-Mitarbeiter waren von einem Feuerball getroffen worden und hatten zum Teil schwerste Verbrennungen erlitten.

Die Polizei hatte nach der Explosion 35 Verletzte gezählt. Das Motiv des Verdächtigen, der zu den Vorwürfen weiter schweigt, lässt die Anklage offen. Die Tat sei heimtückisch und von besonderer Grausamkeit gewesen sowie mit gemeingefährlichen Mitteln verübt worden, sagte Staatsanwältin Laura Neumann über die Mordmerkmale. Der Mann habe eine Nähe zu Verschwörungserzählungen. In der Wohnung, in der er sich mit der Leiche seiner Mutter verbarrikadiert hatte, habe er zudem Vorräte über das übliche Maß hinaus gehortet.

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Die Ermittler gehen davon aus, dass er die Wohnung seit geraumer Zeit nicht verlassen hatte, als die Einsatzkräfte eintrafen. Laut vorläufigem Gutachten des Psychiaters sei er voll schuldfähig. Daneben wird dem Mann auch besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen.

Die Polizei war wegen eines überquellenden Briefkastens und Verwesungsgeruchs zu seiner Wohnung gerufen worden. Der Einsatzgrund lautete "hilflose Person". In der Wohnung stießen Einsatzkräfte später auf eine teilweise skelettierte Frauenleiche, die in einem Rollstuhl saß. Dabei handelte es sich um die bereits Wochen zuvor gestorbene Mutter des Verdächtigen.

Wenige Tage vor der Tat hatte ein Polizist wegen eines Haftbefehls gegen den 57-Jährigen geklingelt: Er war wegen Körperverletzungen aufgefallen. Deswegen waren zwei Strafbefehle gegen ihn verhängt worden. Weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er eine Ersatz-Freiheitsstrafe antreten.

Polizei findet Messer und Dolche im Keller

Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einsatz nach der Explosion hat es in dem Hochhaus ein Todesopfer gegeben. Ein älterer Mann, der in dem Haus gelebt habe, war gestorben. Durch den mehrstündigen Einsatz konnte er in dem abgeriegelten Gebäude medizinisch nicht versorgt werden. Ob der Tod tatsächlich durch den Einsatz bedingt war und dem 57 Jahre alten Ratinger auch juristisch anzulasten sei, werde weiterhin geprüft, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Bei einer Durchsuchung des Kellers des 57-Jährigen fand die Polizei Messer und Dolche. Er war schließlich von Spezialkräften überwältigt und festgenommen worden, als diese die Wohnung stürmten. Das Düsseldorfer Landgericht muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.

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Von Christoph Koopmann und Christian Wernicke, Ratingen

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