Jena:Islamisten-Szene: Agent zu Bewährungsstrafe verurteilt

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Für die Weitergabe von Informationen aus dem Umfeld der früheren Moschee in Hildesheim an den jordanischen Geheimdienst hat das Thüringer Oberlandesgericht...

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Jena (dpa) - Für die Weitergabe von Informationen aus dem Umfeld der früheren Moschee in Hildesheim an den jordanischen Geheimdienst hat das Thüringer Oberlandesgericht einen 34-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Staatsschutzsenat sprach ihn am Dienstag der geheimdienstlichen Agententätigkeit für schuldig. Er verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Der Angeklagte hatte zuvor im Prozess gestanden, Daten von Personen aus Deutschland - etwa Kopien von Personalausweisen - an einen Freund in Jordanien geschickt zu haben. Er habe jedoch nicht gewusst, dass dieser für den Geheimdienst arbeite, sagte der 34-jährige Deutsche. Er habe ihn nur als Mitarbeiter der Passkontrolle am Flughafen von Amman gekannt. Mit seinen Informationen habe er verhindern wollen, dass radikale Islamisten aus Deutschland über Jordanien nach Syrien reisen, um dort für den IS zu kämpfen, erklärte er.

Damit habe er letztlich einer ausländischen Behörde zugearbeitet, die von ihrer Funktion her geheimdienstliche Tätigkeiten ausführe und sich entsprechender Methoden bediene, konstatierte Richter Martin Giebel in der Urteilsbegründung.

Beim Strafmaß sei aber abzuwägen, ob „unbescholtene Normalbürger“ ausspioniert würden oder Menschen, die sich selbst zum Ziel gesetzt hätten, die verfassungsgemäße Grundordnung zu bekämpfen. Dann könne aus solcher Spitzeltätigkeit sogar ein Sicherheitsgewinn erwachsen.

Die Moschee des „Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim“ war nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ein Treffpunkt radikaler Islamisten. Der mutmaßliche IS-Deutschlandchef Abu Walaa hat wiederholt in den Räumen gepredigt. Auch der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, soll die Moschee besucht haben. Im März 2017 wurde der Verein verboten und die Moschee beschlagnahmt.

Der Vater des Angeklagten, ein Palästinenser, hatte dem Vorstand der Moschee angehört. Dadurch war der Angeklagte, der nach eigenen Worten selbst nichts mit radikalen Muslimen zu tun haben will, an diese Personenkreise und Daten gekommen. Die weitergegebenen Daten bezögen sich auf Personen, von denen er geglaubt habe, dass sie als Kämpfer nach Syrien gehen wollen.

Er habe vor diesen Menschen Angst gehabt, sagte der 34-Jährige, der inzwischen wieder im Ausland wohnt. „Das waren Islamisten, die gesagt haben, sie wollen im Namen Gottes töten und Nichtgläubigen den Kopf abschlagen.“ Geld habe er für seine Informationen nicht erhalten. Vor Gericht sprach er auch von Kontakten zu deutschen Behörden: Es wurde mir Geld vom deutschen Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt angeboten. Auch dieses Geld habe er abgelehnt.

Der Mann in Jordanien sei sein Freund gewesen, erklärte er. Er habe ihn kennengelernt, als er noch in Jordanien gelebt habe. Die Zusammenarbeit mit ihm hatte der nun Verurteilte selbst bei Ermittlungen in einer anderen Sache offenbart. Die Anklage hatte sich in ihrem Plädoyer am Dienstag für eine Strafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung ausgesprochen, die Verteidigung für ein geringeres Strafmaß, das „bei unter einem Jahr liegen könne“.

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