Prozess:Beschleunigtes Verfahren gegen Klimaaktivisten gescheitert 

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Berlin (dpa/bb) – In Berlin ist ein beschleunigtes Verfahren gegen einen Klimaaktivisten gescheitert. Das Amtsgericht Tiergarten, das erstmals nach einer Straßenblockade in der Hauptstadt in dieser Form verhandelt hat, setzte am Dienstag das Verfahren nach der Anhörung des ersten Zeugen aus und beschloss, dass über den Vorwurf der Nötigung gegen einen 35-Jährigen in einem Normalverfahren verhandelt werden soll.  

Die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren lägen nicht vor, erklärte die Vorsitzende Richterin Lola Petersen nach knapp dreistündiger Verhandlung. Es seien weitere Zeugen zu befragen, um unter anderem zu klären, wie lange der Rückstau dauerte und wie die Verkehrsumleitung erfolgte. Der Mann, der sich im November 2022 in Berlin-Friedrichshain an einer Straßenblockade der Gruppe Letzte Generation beteiligt haben soll, hatte im Prozess geschwiegen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat seit Mitte Juni Angaben zufolge in etwa 25 Fällen beim Amtsgericht Tiergarten ein beschleunigtes Verfahren gegen Klimaaktivisten beantragt. Nach Gerichtsangaben bearbeiten bislang zwei Juristen im Kriminalgericht Moabit diese Anträge. Sollte sich abzeichnen, dass dies nicht ausreicht, könnten bis zu fünf Richterinnen und Richter eingesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben bis Mitte Juni 2146  Verfahren gegen Klima-Demonstranten auf den Tisch bekommen. 

Die Verteidiger des 35-Jährigen beantragten die Einstellung oder Aussetzung des Verfahrens. „Das Verfahren ist für eine sofortige Verhandlung völlig ungeeignet“, begründeten sie. „Es gibt weder einen einfachen Sachverhalt noch eine klare Beweislage.“ Das Verfahren beruhe auf einer politisch motivierten Entscheidung. „Die Berliner Justiz beugt sich den Wünschen der Politik“, so einer der Anwälte.

Die Richterin erklärte: „Es war ein Test, aber in dieser Sache geht es nicht.“ In vorliegenden Fall seien mehrere Fahrspuren blockiert gewesen, es gebe in der Akte lediglich ein Video. Die Schwächen in der Dokumentation seien durch die Befragung des Polizeibeamten im Prozess nicht auszugleichen gewesen. Der Prozess soll nun zu einem späteren Zeitpunkt neu starten. 

„Die Entscheidung ist ernüchternd, aber eben auch so zu akzeptieren“, hieß es vom Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, dazu. Es sei ein Ansatz gewesen, um die Arbeit zu effektiveren. Die Aktionen von Klima-Aktivisten binde seit eineinhalb Jahren unglaubliche Kapazitäten bei den Sicherheitsbehörden.

© dpa-infocom, dpa:230711-99-365187/4

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