SZ-Kolumne "Bester Dinge":Viel um die Ohren

(Foto: AFP)

Schon Ritter trugen Prothesen - etwa eine eiserne Hand. Doch jetzt können 3-D-Drucker auch körpereigenes Gewebe verarbeiten und aus "Bio-Tinte" Ohren produzieren.

Von Alexander Menden

Die Geschichte der Prothese ist lang und vielgestaltig: Ritter Götz von Berlichingen musste mit einer eisernen Hand vorliebnehmen. Der Südafrikaner Oscar Pistorius rannte auf seinen klingenförmigen Unterschenkelprothesen aus Kunststoff so manchem Sprinter davon, der zwei vollständige Beine besaß. Und George Washington wurde lange ein hölzernes Gebiss nachgesagt - in Wirklichkeit bestanden die dritten Zähne des ersten US-Präsidenten aus Gold, Elfenbein und sogar Blei. Allen gemeinsam war jedenfalls, dass sie fehlende Körperbestandteile durch etwas ersetzen mussten, das aus körperfremdem Material gefertigt war.

Doch damit ist jetzt Schluss - zumindest, wenn es um Ohrersatz geht. Denn das amerikanische Unternehmen 3DBio Therapeutics hat erstmals ein vollständiges menschliches Ohr aus lebendigem Gewebe mit einem 3-D-Drucker erzeugt. Einer 20-jährigen Mexikanerin, die mit einer sogenannten Mikrotie, einer verkümmerten Ohrmuschel geboren wurde, entnahmen die Forscher Stammzellen und mischten sie mit körpereigenem Knorpelgewebe zu einer "Bio-Tinte". Als Vorlage für das neue Ohr diente ein Scan des vollständigen linken Ohres. Dieser wurde dann spiegelverkehrt ausgedruckt und auf die rechte Kopfseite der Probandin transplantiert. Dort wuchs das neue Ohr an und sieht nun ganz normal aus.

Andere kollagenreiche Körperteile, die gerne verschleißen, wie Bandscheiben oder Menisken, könnten nun ebenfalls aus Bio-Tinte gedruckt werden. Einen hohen Knorpelanteil hat übrigens auch die Nase. Hätte es im 16. Jahrhundert bereits Bio-Tinte und 3-D-Drucker gegeben, hätte der berühmte dänische Astronom Tycho Brahe bestimmt gerne auf dieses Verfahren zurückgegriffen, nachdem er bei einem Duell einen Teil seines Nasenrückens eingebüßt hatte. Stattdessen trug er einen Riechkolben aus Kupferfolie.

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