Comic-Figur:Von Peppa lernen

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In Peppas Welt kommt man komplett ohne Smartphones aus. (Foto: Super RTL/Der Campingurlaub)

Sie mag Spinnen, geht gerne zur Schule und ist auch als Tattoo beliebt: Die bunte Welt von Peppa Wutz wird sogar von britischen Premiers gefeiert - und manchmal zum Politikum.

Von Alexander Menden

Papa Wutz, Vater des Zeichentrick-Ferkels Peppa Wutz, ist übergewichtig, manchmal ein bisschen planlos, aber lieb. Man versteht schon, warum der britische Premierminister Boris Johnson, - übergewichtig, permanent planlos und nicht besonders lieb - Peppa Wutz jüngst in einer selbst für seine Verhältnisse unzusammenhängenden und peinlichen Rede vor Unternehmern in Nordengland erwähnte. Papa Wutz sei ein bisschen stereotyp, so Johnson, aber von "Peppa Pig World", einem Bereich des englischen Vergnügungsparks Paulton Park, könne man lernen, sagte Johnson. Was Johnson damit meinte, blieb vage und ist auch wurscht. Aber man darf sich auch unabhängig davon durchaus die Frage stellen, was man von Peppa Wutz denn lernen kann?

Zunächst mal, dass, je populärer eine Fernsehsendung ist, ihr Potenzial, Empörung auszulösen, stets mitwächst. Ein Politikum ist die Serie immer mal wieder gewesen. Eine Folge, in der Peppa und ihr Bruder Schorsch sich mit der Spinne "Mr Skinnylegs" anfreunden, nachdem Papa Wutz ihnen erklärt hat, sie sei ungefährlich, ist in Australien verboten. Das soll verhindern, dass sich australische Vorschulkinder mit einer hochgiftigen Sydney-Trichternetzspinne anfreunden. Ein britischer Arzt beschwerte sich 2017 über die "unrealistische" Effizienz von Doktor Braunbär, der alle Patienten sofort mit Medizin eindecke und so falsche Erwartungen in Sachen medizinischer Grundversorgung wecke. Und im Jahr darauf geriet Peppa Pig in China in Schwierigkeiten, nachdem Jugendliche sie dort als subversives Tattoo-Motiv adoptiert hatten.

Mamas sind ein bisschen schlauer als Papas

Wer die Serie kennt, beziehungsweise gezwungen ist, sie immer und immer und immer wieder mit seinen Kindern im Vorschulalter anzusehen, lernt aber auch viel Konstruktives: dass es großartig ist, gemeinsam mit der Familie Spaghetti zu schlürfen, zum Beispiel. Dass Mamas selbstverständlich durch die Bank ein bisschen schlauer sind als Papas. Dass Schule Spaß macht, vor allem wenn eine Gazelle mit französischem Akzent die Lehrerin ist. Dass man auch in einer Welt leben kann, die komplett ohne Smartphones auskommt. Und natürlich: dass es die kathartischste Erfahrung der Welt ist, in matschige Pfützen zu springen.

Die wichtigste Lektion, die Peppa Wutz lehrt, ist aber folgende: Wenn man, wie die Peppa-Erfinder Mark Baker, Neville Astley and Phil Davies, eine leicht in viele Sprachen übersetzbare Geschichte über eine traditionelle Kernfamilie in Primärfarben und Tiergestalt erzählt, kann man daraus mit etwas Geschick und Humor eine unglaublich wertvolle, weltweite Marke mit unzähligen Merchandising-Deals aufbauen. 2019 kaufte der amerikanische Konzern Hasbro die Peppa-Produktionsfirma für umgerechnet rund 3,4 Milliarden Euro. Demnächst soll es sogar eine "Peppa Pig World" im chinesischen Sichuan geben. Wenn das mal nicht zu subversiv wird.

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