U-Bahn-Schüsse in New York:Festnahme 24 Stunden nach dem Anschlag

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Tatort Subway: Am Tag nach der Attacke patrouilliert die Polizei durch die U-Bahn-Station an der 36. Straße in Brooklyn. (Foto: Michael M. Santiago/AFP)

Am Dienstag feuert ein Mann in einer voll besetzten New Yorker U-Bahn in die Menge, 23 Menschen werden verletzt. Nun nimmt die Polizei den mutmaßlichen Täter in Manhattan fest.

Von Christian Zaschke, New York

Am Mittwoch funktionierte das New Yorker U-Bahn-System wieder, wie es immer funktioniert: nicht perfekt, aber insgesamt einigermaßen verlässlich. Auch die Haltestelle an der 36th Street in Brooklyn, an der am Dienstag ein Mann Rauchgranaten gezündet und mit einer Pistole in die Menge geschossen hatte, war wieder geöffnet. Insgesamt 23 Menschen waren bei dem Anschlag verletzt worden, zehn erlitten Schusswunden. Vier Menschen wurden am Mittwoch noch immer im Krankenhaus behandelt. Auf wundersame Weise wurde niemand getötet, obwohl der Angreifer wahllos auf die Passagiere geschossen hatte.

Der Täter war am Mittwoch zunächst noch immer auf der Flucht, am Nachmittag wurde er schließlich in Manhattan festgenommen. Zuvor hatte die Polizei einige Hinweise auf seine Identität gesammelt. Es handelt sich nach Angaben der Behörden um einen 62 Jahre alten Mann namens Frank J. Dieser habe Wohnsitze in den Bundesstaaten Pennsylvania und Wisconsin. Zunächst hatte es geheißen, Frank J. sei eine "Person von Interesse", am Mittwoch teilte Bürgermeister Eric Adams jedoch mit, dass J. nun offiziell ein Verdächtiger sei. Der in New York geborene Frank J. ist den Behörden zufolge polizeibekannt - er sei bereits neunmal in verschiedenen US-Bundesstaaten festgenommen worden, hieß es. Ersten Ermittlungsergebnissen zufolge hat er alleine gehandelt. Die Hintergründe zum Motiv waren zunächst weiter unklar.

Am Tatort fand die Polizei eine Kreditkarte des Verdächtigen sowie die Schlüssel zu einem Lieferwagen. Diesen hatte J. vor einigen Tagen in Philadelphia gemietet. Offenbar ist er mit dem Wagen zu einer U-Bahn-Station gefahren, an der er den N-Train bestieg, in dem er später das Feuer eröffnete. In der New Yorker Folklore heißt der N-Train "N wie Never", weil er angeblich niemals kommt (ein weiterer Zug auf der gleichen Linie, der R-Train, trägt den Spitznamen "R wie Rarely", weil er angeblich so selten kommt). Am Dienstag aber kam der N-Train, und mit ihm kam Frank J.

Seine Waffen: eine Pistole, ein Kanister mit Benzin, mehrere Feuerwerkskörper

Außer der Kreditkarte und den Schlüsseln für den Lieferwagen fand die Polizei am Tatort eine 9mm-Glock-Pistole, Munition, einen Kanister mit Benzin sowie einige Feuerwerkskörper. Bezüglich der Feuerwerkskörper teilten die Behörden mit, dass sie ein Mann namens Frank J. in Wisconsin erworben habe. Man gehe davon aus, dass es sich um den Verdächtigen handele.

Frank J. hatte am Dienstag um 8.24 Uhr in einem Waggon des N-Trains eine Gasmaske aufgesetzt und einen Kanister geöffnet, dem Rauch entwich. Zu der Substanz gab es zunächst keine Angaben, manche der Verletzten erlitten aber offenbar leichte Vergiftungen der Atemwege. Anschließend schoss er 33 Mal in die Menge. Medienberichten zufolge hörte er nur deshalb auf zu schießen, weil seine Pistole nicht mehr funktionierte. Wie J. bei 33 Schüssen in einem vollbesetzten Subway-Waggon nur zehn Mal treffen konnte und niemanden tötete, erscheint rätselhaft.

Die Polizei hatte ein Foto des Verdächtigen veröffentlicht, das sie dessen Youtube-Kanal entnommen hatte. Dort hat J. unter dem Benutzernamen "prophetoftruth88" einige Videos hinterlassen, in denen er unter anderem New Yorks Bürgermeister Eric Adams kritisiert. Bei den Videos handelt es sich teils um ausführliche Tiraden, die Themen sind dabei weitreichend. Es geht um Rassenhass und Gewalt, aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Zahl 88, die Frank J. in seinem Benutzernamen führt, wird gern von Nazis benutzt, weil der achte Buchstabe des Alphabets das H ist. Die 88 steht demnach für "Heil Hitler". Im Fall von Frank J. wäre ein Nazi-Hintergrund insofern etwas überraschend, als er Afro-Amerikaner ist.

In allen U-Bahn-Stationen New Yorks gibt es Überwachungskameras, allerdings haben in der Station des Anschlags laut Angaben der Behörden manche nicht funktioniert. Die Polizei hatte daher Bürgerinnen und Bürger gebeten, Videos von Mobiltelefonen zur Verfügung zu stellen. Jeder Schnipsel könne wichtig sein. Für Hinweise, die zur Festnahme des Täters führen, war eine Belohnung von 50 000 Dollar ausgelobt worden. Der Mann soll nun wegen des Verstoßes gegen ein Gesetz angeklagt werden, das "terroristische und andere gewaltsame Attacken" auf den öffentlichen Nahverkehr verbietet und an diesem Donnerstag vor Gericht erscheinen. Bei Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

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