New York:Kiffen für die U-Bahn

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Viele der gut 470 U-Bahnhöfe in New York sind in desolatem Zustand, auf rund 40 Milliarden Dollar schätzt die Nahverkehrsbehörde MTA die Kosten, um alle 25 U-Bahn-Linien zu sanieren. (Foto: Luca Bravo/Unsplash)

New York braucht etwa 40 Milliarden Dollar, um seine U-Bahn-Linien zu sanieren. Eine Cannabis-Steuer soll helfen. Doch dafür müsste Cannabis erst einmal legalisiert werden.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Im Grunde ist die Sache nur folgerichtig, denn hier kommt zusammen, was im Alltag längst zusammengehört. Wer nach einer Fahrt mit der New Yorker U-Bahn über die engen Ausgänge wieder ans Licht strebt, wird oft von jener süßlich riechenden Wolke empfangen, die an manchen Tagen unsichtbar über der ganzen Stadt zu hängen scheint. An jeder zweiten Ecke, so meint man, wird Marihuana geraucht, selbst Grundschüler können den Geruch aus den wahrlich vielfältigen Düften der Großstadt herausriechen. "Oh Mann, da kifft wieder einer", ist ein Stoßseufzer, der aus dem Mund eines Neunjährigen keineswegs ungewöhnlich klingt.

An den Eingängen zur Metro ist der Nebel oft besonders intensiv, viele nehmen offenkundig noch einen tiefen Zug, bevor sie in den Schacht hinabsteigen. Vielleicht ist das der Grund, dass Bill de Blasio und Andrew Cuomo jetzt eine Idee kam: Der Bürgermeister von New York und der Gouverneur des gleichnamigen Bundesstaats wollen eine Steuer auf den Verkauf von Cannabis einführen und die Einnahmen für die Sanierung von Bussen und Bahnen, von Stationen und Stellwerken verwenden. "Unkraut für die U-Bahn" könnte das Motto lauten, denn die Amerikaner bezeichnen Marihuana, anders als die Deutschen, umgangssprachlich nicht als Gras, sondern als "weed" - Unkraut.

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Tatsächlich ist die Nahverkehrsbehörde MTA auf Geld dringend angewiesen. Viele der gut 470 U-Bahnhöfe sind in einem desolaten Zustand, die einst weißen Betondecken der Schächte haben sich schimmelig-schwarz verfärbt, an den rostigen Eisenpfeilern baumeln Kabel, Wandfliesen sind zersprungen. Zwischen den Gleisen steht Wasser, daneben flanieren die Ratten. Auf etwa 40 Milliarden Dollar schätzt die MTA die Kosten, um alle 25 U-Bahn-Linien zu sanieren, die Pannen- und Unfallserie zu beenden und altersschwache Züge sowie Busse zu ersetzen.

Die Aufgabe ist so gewaltig, dass de Blasio und Cuomo - zwei Demokraten, die sich spinnefeind sind - eine Art Waffenstillstand geschlossen haben. Doch die Hürden, die ihnen im Weg stehen, bleiben hoch: Noch ist der Cannabis-Konsum im Staate New York nicht einmal legal, was sich allerdings demnächst ändern soll. Zudem werden die Einnahmen aus der Umsatzsteuer, die Experten auf etwa 300 Millionen Dollar im Jahr schätzen, nicht annähernd ausreichen, um den Investitionsstau bei der MTA aufzulösen. Bürgermeister und Gouverneur wollen deshalb darüber hinaus eine City-Maut einführen, die den Autofahrern der Stadt aufgedrückt wird und die für sämtliche Viertel Manhattans südlich des Central Parks gelten soll. Hier sind die Straßen besonders oft verstopft. Zudem wird Geld aus einer ebenfalls neuen Onlinehandelsteuer in die Bahn-Sanierung fließen.

Mit ihrer Idee folgen de Blasio und Cuomo dem Beispiel der bisher zehn Bundesstaaten, die den Cannabis-Konsum vollständig legalisiert haben und nun meist eine Steuer für besondere Zwecke erheben. Die Regierung Nevadas etwa steckt die Einnahmen in ihren "Rainy Day Fund", eine Art Sparstrumpf für schlechte Zeiten. Und Michigan will 70 Prozent der Steuererlöse in die Infrastruktur investieren, vor allem in die Sanierung von Schulen: "Unkraut für mehr Unterricht" gewissermaßen.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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