Nach dem Erdbeben:Die Welt bangt mit Japan

Ein Land unter Schock: Die Zahl der Opfer in Japan steigt und steigt, 12.000 Menschen werden vermisst. Während Techniker im AKW Fukushima den gefährdeten Reaktor mit Meerwasser fluten und 170.000 Anwohner evakuiert werden, fällt bei einem weiteren Reaktor das Kühlsystem aus.

Anderthalb Tage nach der größten Naturkatastrophe in Japans Geschichte ist die Lage chaotisch: Die Helfer haben keinen Überblick, die Zahl der Toten steigt stetig, Tausende Menschen werden vermisst.

Evacuees hold blankets as they stand in a line to enter a temporary shelter after radiation leaked from an earthquake-damaged Fukushima nuclear reactor, in Koriyama

Evakuierte Anwohner des Gebiets um das Atomkraftwerk stehen am Eingang einer Notunterkunft in der Schlange. Insgesamt müssen 170.000 Menschen evakuiert werden.

(Foto: REUTERS)

Die Agentur Kyodo meldet, die Zahl identifizierter Todesopfer und Vermisster belaufe sich nunmehr auf mindestens 1800. Nach Polizeiangaben sind 687 Todesopfer identifiziert worden. Weit höhere Totenzahlen werden befürchtet: Allein in der Hafenstadt Minamisanriku gelten weiterhin zehntausend Menschen als vermisst. Insgesamt muss also für fast 12.000 Menschen derzeit das Schlimmste befürchtet werden. Bisher konnten nach Angaben des Regierungschefs Naoto Kan etwa 3000 Menschen aus den Trümmern gerettet werden. Ursache für die Katastrophe war ein Beben der Stärke 8,9 und ein darauf folgender verheerender Tsunami, der bis weit ins Land hinein Schiffe, Häuser, Autos und Menschen mitriss.

Doch die unzähligen Tragödien geraten jetzt fast in den Hintergrund angesichts der noch viel massiveren drohenden Gefahr: Nach wie vor ist unklar, ob im Atomkraftwerk Fukushima eine Kernschmelze im Gange ist oder in Gang kommen könnte.

Die gewaltige Explosion hatte am Samstagmorgen Dach und Wände eines Gebäudes im Atomkraftwerk Fukushima Eins zerstört. Mit ungeheurer Wucht wurden Trümmer in die Luft geschleudert, große Rauchwolken breiteten sich über der Anlage aus. Nach Angaben des Atomkraftwerksbetreibers blieb das Reaktorgehäuse jedoch unversehrt.

Nach der Explosion verdoppelten die Behörden den Evakuierungsradius um die Kernkraftwerke auf 20 Kilometer. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) werden jetzt 170.000 Menschen evakuiert. Die Anwohner in 20 Kilometer Umkreis wurden angewiesen, die Gegend zu verlassen. Die Regierung gab Jodtabletten an die verunsicherten Menschen aus.

Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan zeigte sich zwar besorgt über die Lage, sprach aber nicht von einer Kernschmelze. Allerdings hatte die Atomsicherheitskommission schon vor der Explosion erklärt, in dem Reaktor laufe möglicherweise eine Kernschmelze ab. Die japanische Behörde sprach von einer teilweisen Kernschmelze, wie Kyodo meldete - das wäre der erste Fall dieser Art in Japan.

Techniker nun damit begonnen, den Reaktorkern mit Meerwasser zu fluten. Damit soll nach einer Meldung der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo die Kernschmelze verhindert werden. Gleichzeitig sind in dem Atomkraftwerk offenbar zusätzliche brisante neue Probleme aufgetreten. In einem anderen Reaktor der Anlage Fukushima fiel das Notkühlsystem aus - nun müsse zusätzlich ein anderer Weg gefunden werden, Reaktor drei mit Wasser zu versorgen, sagte ein Behördenvertreter.

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