SZ-Kolumne "Mitten in ...":Helles Entsetzen

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(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Ein SZ-Autor versucht in Kaiserslautern, ein alkoholfreies Helles zu kaufen. Doch rheinland-pfälzische Getränkemarkt-Mitarbeiter haben sehr eindimensionale Vorstellungen von bayerischem Bier. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Kaiserslautern

Sage niemand, in Deutschland Bier zu kaufen sei trivial. Zum Beispiel in einem großen Getränkemarkt in Kaiserslautern. Das Sortiment ist beachtlich, auch bayerische Marken sind vertreten. Da müsste es doch möglich sein, ein alkoholfreies Helles zu erwerben, auch wenn der Wunsch im nicht-bayerischen Ausland vielleicht ein wenig ausgefallen sein mag. Ein fachkundig aussehender Mann deutet auf einen großen Stapel Franziskaner. "Das ist Weißbier", wendet der Kunde ein. "Aber das wollten Sie doch." Zweiter Versuch beim Chef des Markts: "Haben Sie ein alkoholfreies Helles?" Auch er führt zu den Franziskaner-Kisten. Wieder der Einwand: "Das ist doch Weißbier und kein Helles". - "Ach was, da sind die Grenzen fließend." Die bayerischen Brauereien haben offenbar Nachholbedarf, was die Produktinformation betrifft. Besonders in Rheinland-Pfalz. Nikolaus Piper

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Oberaudorf

In der Dorfkirche von Oberaudorf ist es an diesem Regentag besonders stimmungsvoll: die Empore mit der Orgel, die alten Holzbänke im Kerzenschein. Draußen prasseln die Tropfen, drinnen singt der Kinderchor. Als der Pfarrer die Mädchen und Buben für eine Geschichte um sich schart, ist es mucksmäuschenstill - bis auf einen nervigen Sound, der von außen durchs Seitenportal dringt. Blecherne Stimmen, verzerrtes Lachen, Gekreische. Diese Dorfjugend! Kein Gespür! Man sitzt direkt bei der schweren Holztür, also öffnet man sie, linst böse hinaus und erblickt zwei Gestalten, die sich augenscheinlich vor dem Regen unters Vordach geflüchtet haben, ohne zu ahnen, dass gerade Gottesdienst gefeiert wird. Sie stecken die Köpfe über einem Handyvideo zusammen. Generation Youtube? Von wegen: Es handelt sich um zwei Senioren, offenbar etwas schwerhörig. Violetta Simon

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Mailand

Abendessen mit der angeheirateten italienischen Familie in einem angesagten Lokal in der Zona Washington. Die Heimfahrt mit der rüttelnden Tram durchs nächtliche Mailand wird zur Herausforderung für den mit Pizza Indiavolata gefüllten Magen, selbst wenn dieser eigentlich an scharfe Salami gewöhnt ist. Eine plötzliche Notbremsung wegen eines auf den Gleisen geparkten SUVs lässt den Magen erst recht rebellieren. Der Tramfahrer will sein Gefährt trotzdem an dem Stadtpanzer vorbeisteuern. Ob ihn denn einer der Fahrgäste von außen kontrollierend am Hindernis vorbeilotsen könne, ruft er grinsend in den gut gefüllten Waggon. Betretenes Schweigen, genervtes Augenrollen, keiner traut sich. Da taucht zum Glück der SUV-Fahrer auf und parkt um. Dem Amaro auf dem schwiegerelterlichen Sofa steht nichts mehr im Wege. Denis Huber

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