SZ-Kolumne "Mitten in ...":Deutscher Toilettenmeister

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(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Ein Männerklo im Fußballstadion ist ein Ort zum Davonlaufen? Ein SZ-Autor erlebt in der Arena in Leverkusen eine saubere Überraschung. Drei Anekdoten aus Deutschland.

Mitten in ... Leverkusen

In den Weiten der BayArena erklingt bereits die Europa-League-Hymne. Doch zunächst ruft, keinen Widerspruch duldend, die Natur. Also rasch noch ein Abstecher in eine der Herrentoiletten des Leverkusener Stadions, das einst nach Ulrich Haberland benannt war, einem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des hier ansässigen Chemie-Riesen, und das Eingeweihte bis heute als "Schatzkästlein der Liga" bewundern. Drinnen: Reihen aseptisch sauberer, unbesetzter Urinale. Nur ein einziger anderer Bayer-Fan hat sich hierher verirrt: "Da kann man sich kaum entscheiden", sagt er in die gleißende Leere des Raumes hinein. "Das ist ja wie im Paradies!" Freie Auswahl beim Pinkeln ist schon das Paradies, denkt man. Zu welchem Grad der Genügsamkeit wir als Fans dieses Vereins doch in der Lage sind. Gleich ist Anpfiff. Alexander Menden

Mitten in ... Ebersberg

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Ein Spaziergang durch Ebersberg ist ein Spaziergang durch einen Schilderwald. Aus Messing, aus Holz, eingraviert oder bedruckt - die Schildbürger aus Ebersberg haben einen Hang dazu, alles zu beschriften und zu beschildern, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Apropos Bäume: Auch sie werden beschildert, zumindest die Friedenseiche, gepflanzt 1871 von den Ebersberger Schulkindern, wie zu lesen ist. Der Blühstreifen ist als Blühstreifen ausgeschildert, und in der Altstadt steht in geschwungenen Großbuchstaben "DANKE" auf einem Metallschild, darüber "Platz der Ehrenamtlichen". Dabei handelt es sich um zwei Bänke ohne Rückenlehne, überdacht. Ebersberg lässt seine Ehrenamtlichen also nicht im Regen stehen. Ob es regnet, lässt sich ganz einfach am Wetterstein ablesen. Über dessen Funktionsweise informiert, na klar, ein Schild. Da steht: "Stein nass = Regen". Hanna Fath

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Berlin

Berlin am 1. Mai, das bedeutet rauchende Autos und dicke Luft. So weit das Klischee. Denn eigentlich ist Berlin am 1. Mai anders, zum Beispiel in der Hasenheide, dem grünen Herzen Neuköllns. Friedliche, tanzende Menschen, wohin die Augen blicken. Melodische, treibende Klänge, wohin die Ohren lauschen. Im Schatten der Bäume steppen bunt ver- und leicht bekleidete Menschen zu Housemusik. Da kommt ein junger Mann in beigem Hemd hinterm Baumstamm hervor und grüßt durch die Sonnenbrille. Eigentlich, sagt er, habe er vor zwei Jahren das Rauchen aufgegeben. Aber am Freitag heirate er seine Freundin, die da drüben im weißen Top. "Davor wollen wir noch mal richtig rauchen." Dankend greift er die Tabaktasche und dreht sich eine Kippe, während er voller Vorfreude von der Hochzeitsparty erzählt. Alles Gute! Auf eine rauchfreie Ehe ohne dicke Luft. Tobias Bug

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