Limburg (dpa) - Ein Bericht zum Missbrauch eines Kindes durch einen Priester im Bistum Limburg sieht schwere Fehler beim Umgang mit dem Fall. Der sexuelle Missbrauch sei vertuscht worden, teilte die Diözese am Mittwoch mit. Zu diesem Ergebnis komme ein Abschlussbericht, den die Diözese beim früheren Limburger Landgerichtspräsidenten Ralph Gatzka in Auftrag gegeben hatte. Der Priester soll von 1986 bis 1993 seinen minderjährigen Pflegesohn mehrfach sexuell missbraucht haben.
In dem Bericht heißt es, das Missbrauchsopfer habe sich 1997 erstmals an eine Vertrauensperson gewandt, woraufhin Gespräche geführt worden seien. In der Personalakte des Priesters habe es später aber keinen Hinweis auf die Vorwürfe gegeben. Es liege außerdem nahe, dass der damalige Personaldezernent seine Vorgesetzten nicht eingeschaltet habe.
Der Priester sei nach einer Therapie wieder an alter Wirkungsstätte eingesetzt worden, „ohne dass Vorkehrungen getroffen wurden, um der Wiederholung von Missbrauchstaten entgegenzuwirken“. So habe es etwa keine Auflagen gegeben, „etwa die Jugendarbeit in der Pfarrei anderen Personen zu überlassen oder das Verbot, Jugendliche mit ins Pfarrhaus zu nehmen“. Auch bei einer späteren Versetzung des Mannes in eine andere Diözese seien die Vorwürfe nicht erwähnt worden.
Die Staatsanwaltschaft sei damals weder von Seiten des Opfers noch vom Bistum eingeschaltet worden - die Taten seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt gewesen. Erst Ende 2018 hatte das Erzbistum Bamberg, wo der Priester nach Angaben des Bistums Limburg seinen Ruhestand verbringt, Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Marburg gestellt. Zuvor hatte sich das Opfer bei der Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums gemeldet. Zu dieser Zeit lief eine Debatte über die Studie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft Marburg hat die Ermittlungen wegen Verjährung mittlerweile eingestellt, wie ein Sprecher berichtete.
Das Bistum Limburg veröffentlichte zugleich zwei persönliche Erklärungen des früheren Bischofs Franz Kamphaus und des ehemaligen Personaldezernenten, Prälat Helmut Wanka. Wanka räumt darin schwerwiegende Fehler im Umgang mit dem Missbrauchsfall ein. Heute sei ihm klar, dass er entschiedener, hartnäckiger und präziser hätte nachfragen müssen. Er bat das Opfer und auch die Gläubigen des Bistums um Verzeihung.
Kamphaus, zwischen 1982 und 2007 Bischof von Limburg, hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnisse von diesem Fall. Im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen anderen Priester sei ihm aber heute klar, dass er entschiedener hätte durchgreifen müssen. Der Mann sei Mitte der 1980er Jahre aus dem Bistum Würzburg ins Bistum Limburg gewechselt. Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe seien bekannt, der Mann sei aber nicht verurteilt oder vorbestraft gewesen. Nach Gerüchten über einen erneuten sexuellen Missbrauch habe er den Priester zum Verzicht auf die Pfarrei gedrängt und ihn zunächst in die Klinikseelsorge nach Frankfurt versetzt.
Später sei der Mann dann im Bistum Bamberg untergekommen, wo er dann später wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden sei. Der Priester sei letztlich 2015 von Papst Franziskus aus dem Klerikerstand entlassen worden. „Der Einsatz dieses Priesters in der Seelsorge des Bistums Limburg und seine spätere Versetzung in ein anderes Bistum waren schwere Fehler“, sagte Kamphaus. „Opfern wäre Missbrauch erspart geblieben. Hier habe ich schwere Schuld auf mich geladen.“ Er bat ebenfalls um Verzeihung und bot den Opfern Gespräche an.
Im Bistum Limburg läuft unabhängig von dem Bericht zu dem konkreten Missbrauchsfall derzeit ein Projekt, um sexuellen Missbrauch aufzuarbeiten und Konsequenzen daraus abzuleiten. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich im Sommer 2020 vorgestellt werden.