Münster:Prozess gegen Ex-SS-Wachmann: Gutachter macht Aussage

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Münster (dpa/lnw) - Im Prozess gegen einen ehemaligen SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof hat ein Historiker dem Angeklagten bei den Umständen seiner Einberufung widersprochen. Der Gutachter schilderte am Donnerstag am 6. Verhandlungstag am Landgericht Münster, unter welchen politischen Bedingungen sogenannte Volksdeutsche 1942 aus dem damaligen ungarischen Staatsgebiet zur Waffen-SS kamen. Die Nazis bezeichneten so Deutschstämmige, die im Ausland lebten und keinen deutschen Pass hatten.

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Münster (dpa/lnw) - Im Prozess gegen einen ehemaligen SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof hat ein Historiker dem Angeklagten bei den Umständen seiner Einberufung widersprochen. Der Gutachter schilderte am Donnerstag am 6. Verhandlungstag am Landgericht Münster, unter welchen politischen Bedingungen sogenannte Volksdeutsche 1942 aus dem damaligen ungarischen Staatsgebiet zur Waffen-SS kamen. Die Nazis bezeichneten so Deutschstämmige, die im Ausland lebten und keinen deutschen Pass hatten.

Es habe sich ausschließlich um Freiwillige gehandelt. „Die Waffen-SS hatte kein Interesse an Männern, die keine Motivation hatten“, sagte Stefan Hördler, Leiter der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Zwischen dem Deutschen Reich und dem im Krieg verbündeten Ungarn habe es Vereinbarungen gegeben, wieviele Männer sich freiwillig melden dürfen. „Es mussten sogar welche zurückgeschickt werden, die voller Begeisterung ohne Berechtigung auf die Züge gesprungen waren“, schilderte der Historiker. Und bei Männern unter 21 Jahren hätten die Eltern ausdrücklich ihre Zustimmung geben müssen. Hördler schränkte aber ein, dass sich der Angeklagte nicht zum Dienst im KZ habe melden können. Es sei zuerst um den Dienst in der Waffen-SS gegangen.

Der Angeklagte hatte im Prozess erklärt, dass er als 18-Jähriger nicht freiwillig zur SS gegangen sei und aus Angst vor den Nazis seinen Dienst angetreten habe.

Dem 95 Jahre alten Angeklagten aus dem Kreis Borken im westlichen Münsterland wird hundertfache Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, durch seinen Dienst als Wachmann zwischen 1942 und 1944 in dem deutschen KZ der Nazis bei Danzig das systematische Morden erst ermöglicht zu haben.

Nach Angaben der für die Aufklärung von NS-Verbrechen zuständigen Zentralen Stelle in Ludwigsburg starben bis Kriegsende 65 000 Menschen im KZ Stutthof und in seinen Nebenlagern sowie auf den sogenannten Todesmärschen.

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