Kriminalität - Gera:Kind nach Jagdunfall eingeschränkt: Angeklagter schweigt

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Der Angeklagte steht im Verhandlungssaal des Amtsgerichtes. Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Gera (dpa/th) - Rund drei Jahre nachdem ein damals sechsjähriges Mädchen von einem Jagdschuss getroffen wurde, ist es nach Angaben seines Vaters weiter stark eingeschränkt. Seine Tochter habe seit dem Schuss im Landkreis Greiz in Hüfte und Arm ständig Schmerzen und müsse regelmäßig zu Therapien. "Zusammengefasst geht es ihr beschissen", sagte der als Zeuge geladene Vater am Dienstag vor dem Amtsgericht Gera.

Dort wurde der Prozess gegen den heute 34-jährigen mutmaßlichen Schützen eröffnet (3 Ds 851 Js 12295/19). Der Gärtner und Hobbyjäger ist wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Er schwieg zum Auftakt zu den Vorwürfen und machte nur Angaben zu seiner Person.

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, bei einer Erntejagd im Juli 2018 von einem Hochsitz auf einem Pick-Up geschossen zu haben. Dabei habe er sich nicht vergewissert, dass niemand gefährdet wird. Durch den Schuss sei das Mädchen in einer nahen Gartenanlage an Arm und Hüfte getroffen worden. Es sei lebensgefährlich verletzt worden und habe notoperiert werden müssen.

Die Familie habe zu dem Zeitpunkt gerade in der Gartenanlage gegrillt, sagte der Vater. Plötzlich habe er einen lauten Knall gehört. Er habe gesehen, wie seine Tochter ins Straucheln kam und dann in einen aufblasbaren Pool fiel. "Da hat sie dann alles vollgeblutet." Ein Bekannter sei wegen der Schreie herbeigeeilt und habe geholfen, das Kind zu verbinden. Dann hätten sie die Polizei gerufen.

Später habe sich herausgestellt, dass das Neun-Millimeter-Geschoss zunächst durch eine als Sichtschutz aufgehängte Decke hindurchging. Es habe dann Arm und Hüfte seiner Tochter durchschlagen und sei letztlich gegen einen Metallkasten geprallt. Das habe auch den lauten Knall ausgelöst.

Der Unfall sei vorhersehbar und vermeidbar gewesen, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe gewusst, dass kein ausreichender Kugelfang, also etwa eine Erhebung, die die Kugel stoppen könnte, vorhanden war. Das Mädchen sei durch die schweren Verletzungen noch heute stark eingeschränkt und müsse Schmerzmittel nehmen. Zwischendurch sei es auf einen Rollstuhl angewiesen gewesen.

Nach Angaben des Vaters musste das Kind nach dem Unfall die Schule wechseln, da die damalige Schule nicht mit dem Rollstuhl befahrbar war. Es habe noch immer Probleme beim Laufen, könne nicht auf dem Schulhof rennen und gehe abends unter Schmerzen ins Bett. Weiter brauche es eine Schulbegleiterin und gehe regelmäßig zur Physiotherapie, zu einem Psychiater und zum Kinderarzt.

Am ersten Prozesstag wurden neben dem Vater auch weitere Teilnehmer der Erntejagd befragt. Die Männer hatten sich an einem Feld aufgestellt, das zu dem Zeitpunkt abgeerntet wurde, und gewartet, dass ihnen aufgeschrecktes Wild vor die Flinte lief. In den Befragungen ging es unter anderem um die exakte Positionierung des Geländewagens des Angeklagten und den Ablauf der Jagd.

Der Anwalt des mutmaßlichen Schützen beantragte für den kommenden Prozesstermin am 28. September eine Ortsbegehung, um festzustellen, ob von dem Standort des Mannes ein Treffen des Kindes möglich gewesen sein könnte. Der letzte Termin ist am 5. Oktober angesetzt.

© dpa-infocom, dpa:210914-99-212833/3

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