Kriminalität - Düsseldorf:Viel mehr sexualisierte Gewalt an Kindern enttarnt

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Eine Kriminaloberkommissarin sitzt vor einem Auswertungscomputer. Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Zahl der aufgedeckten Fälle von "Kinderpornografie" hat sich laut polizeilicher Kriminalstatistik in Nordrhein-Westfalen innerhalb von fünf Jahren vervielfacht. Auch die entdeckten Fälle von Kindesmissbrauch stiegen dank erheblich ausgeweiteter personeller und technischer Ressourcen aufseiten der Ermittler demnach zwischen 2016 und 2020 beträchtlich.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf: "Je mehr wir hinsehen, desto mehr Fälle werden wir finden." Genau das spiegele die Kriminalstatistik wider.

Wurden 2016 in NRW 2334 Fälle von Kindesmissbrauch erfasst, waren es demnach im vergangenen Jahr mit 3353 Fällen fast 44 Prozent mehr (2019: 2805 Fälle). Bei "Kinderpornografie" haben sich die Fallzahlen im Fünf-Jahres-Vergleich sogar mehr als vervierfacht: von 1025 Fällen (2016) auf 4776 Fälle im vergangenen Jahr (2019: 2359). 2020 wurden nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums fast 90 Prozent aller bekannt gewordenen Fälle von Kinderpornografie in NRW aufgeklärt und gut 81 Prozent der Missbrauchsfälle.

Im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Abbildungen solcher Taten - in der Kriminalstatistik als "Kinderpornografie" bezeichnet - sei in den Jahren nach Bekanntwerden des ersten monströsen Missbrauchskomplexes Lügde sehr viel bewegt worden, bilanzierte Reul. So sei die Zahl der Ermittler seit 2019 auf 400 Mitarbeiter vervierfacht worden. Gleichzeitig würden sie besser ausgerüstet mit mehr und neuerer Technik. Außerdem gebe es inzwischen Erschwerniszulagen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Videos und Audiodateien von Kindesmissbrauch sichten und anhören müssten sowie Betreuungsangebote.

Missbrauchsermittlungen würden in 16 Kriminalhauptstellen − analog zu Fällen von Mord und Totschlag - konzentriert bearbeitet. 47 Kreispolizeibehörden seien mit dem Landeskriminalamt zu einem virtuellen Großraumbüro vernetzt und Hochleistungsrechner zur Auswertung der immensen Datenmengen beschafft worden. Das laufende Jahr eingeschlossen seien 32,5 Millionen Euro in IT-Technik investiert worden, um gegen Pädokriminelle aufzurüsten.

Zudem seien Datenspeicherhunde bei der NRW-Polizei eingeführt worden. Bei den Ermittlungen zum jahrelangen, hundertfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz im lippischen Lügde hatte der damals noch aus Sachsen ausgeliehene Spürhund "Artus" 2019 einen versteckten USB-Stick erschnüffelt.

Neben Lügde sind in den vergangenen Jahren in NRW weitere große Missbrauchskomplexe rund um Münster und Bergisch Gladbach ans Licht gekommen. "Und endlich werden die Täter auch als das bestraft, was sie sind: als Verbrecher", kommentierte Reul die bisher verhängten langjährigen Haftstrafen und Sicherungsverwahrungen. "Jeder Fall erhellt das Dunkelfeld, rettet Kinder aus unvorstellbarem Leid und führt Tätern ihrer gerechten Strafe zu", betonte der Minister. "Wir werden nicht nachlassen." Er befürchte weitere große Missbrauchskomplexe.

Die Landesregierung hatte kürzlich angekündigt, auch die Mittel für spezialisierte Betreuungsangebote im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern im nächsten Jahr auf 8,7 Millionen Euro mehr als zu verdoppeln.

© dpa-infocom, dpa:210725-99-518087/2

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