Fulda:Bischof Gerber: Mehr auf Menschen an der Basis hören

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Michael Gerber, Bischof von Fulda, nach seiner feierlichen Amtseinführung. (Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild)

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber will Kirche näher in Kontakt mit der Gesellschaft bringen und den Gläubigen mehr Gehör schenken. Zentrale Fragen, die ihn...

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Fulda (dpa) - Der Fuldaer Bischof Michael Gerber will Kirche näher in Kontakt mit der Gesellschaft bringen und den Gläubigen mehr Gehör schenken. Zentrale Fragen, die ihn antreiben, seien: Wie ist die Kirche jetzt und künftig ein Ort, der Menschen hilft, in die Beziehung zu Jesus Christus und zu seiner Botschaft zu kommen? Und wie können Menschen daraus die Herausforderungen ihres Lebens sowie Kirche und Gesellschaft gestalten? In diesem Sinne führe ich den Prozess der Kirchenentwicklung „Bistum Fulda 2030“ weiter, sagte Gerber (50), der kurz vor seinem einjährigen Amtsjubiläum steht. Am 31. März 2019 wurde er als jüngster leitender Bischof der katholischen Kirche in Deutschland in sein Amt eingeführt.

Um die Reformprozesse für das „Bistum Fulda 2030“ voranzutreiben, habe er fünf neugebildeten Fachgruppen Arbeitsaufträge erteilt. „Sie werden mir in den kommenden Monaten Empfehlungen vorlegen, auf deren Grundlage weitreichende Entscheidungen zu treffen sind. Die Möglichkeiten für Menschen „an der Basis“, hierzu Rückmeldung zu geben, wünsche ich mir ausdrücklich. Das wird durch entsprechende Gesprächsformate auch sichergestellt.

Nach seinem Amtsantritt hatte Gerber angekündigt, für die Zielgruppe der jungen Erwachsenen mehr tun zu wollen, weil er dort Lücken im Angebot sehe. „Die Menschen müssen spüren, dass die Kirche und der Glaube Relevanz besitzt für ihr Leben“, hatte er gesagt. Auf dem Weg dorthin habe es Fortschritte gegeben. „Es gab sehr viele Begegnungen, etwa bei Jugendveranstaltungen, die auch von jungen Erwachsenen gut angenommen wurden.“ Er habe alle sieben katholischen Schulen im Bistum besucht und einen längeren Austausch mit Oberstufenschülern gesucht. „Einige Akzente konnte ich bereits setzen, so etwa die personelle Verstärkung der Hochschulgemeinden in Fulda und Marburg. Gerade arbeiten wir an Initiativen, wie wir junge Menschen auch verstärkt auf kirchliche Berufe aufmerksam machen können.“

Im ersten Jahr als Bischof sei es wichtig gewesen, „fundierte Einblicke“ in die Regionen mit ihren jeweiligen Themen zu bekommen. Das Bistum erstreckt sich vom nordhessischen Bad Karlshafen bis in den Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim und von der Universitätsstadt Marburg in Oberhessen bis nach Geisa im Thüringer Land, insgesamt auf einer Fläche von rund 10 300 Quadratkilometern. Die Diözese zählt rund 382 000 Mitglieder bei einer Gesamtbevölkerung von rund 1,72 Millionen Menschen. Das Bistum Fulda ist zwar das kleinste in Westdeutschland, gemessen an der Bevölkerungs- und Katholikenzahl. Dennoch erwartete Gerber viel Arbeit.

„Es gab eine Vielzahl von Besuchen in den Pfarreien vor Ort“, erklärte der Oberhirte. Inzwischen sei er in gut Zweidrittel aller Pastoralverbünde gewesen. Daneben gab es auch wichtige Personalentscheidungen: Prälat Christoph Steinert wurde zum neuen Generalvikar berufen. Ohnehin sei es ein „dichtes Jahr“ gewesen, neben vielen Terminen geprägt durch Ereignisse wie die Anschläge in Hanau und Volkmarsen und aktuell durch die Corona-Pandemie.

Gerber sagte zum Angebot in der Corona-Krise: „Wir haben zusammen mit der evangelischen Kirche die klare Botschaft gesendet, dass unsere Gotteshäuser gerade jetzt offenstehen. Es gibt dort zwar keine gemeinsamen, öffentlich zugänglichen Gottesdienste. Doch haben wir dort sehr kreative Impulse für Einzelbesucher in den Kirchengebäuden.“ Zudem würden Gottesdienste im Internet übertragen.

Privat fühlt sich Gerber in Fulda sehr wohl. „Ich habe den Schritt nach Fulda noch keinen Tag bereut. (..) Die wunderschöne Umgebung Fuldas, der Rhön und Osthessens habe ich zu Fuß und mit dem Fahrrad schon kennengelernt. Wenn ich morgens aufstehe, dann gehe ich sehr motiviert an die Arbeit. Das ist für mich ein sehr gutes Zeichen.“

Zuvor war der gebürtige Schwarzwälder Weihbischof im Erzbistum Freiburg. In der osthessischen Domstadt folgte Gerber auf Heinz Josef Algermissen, der 2018 nach 17 Jahren als Fuldaer Bischof altersbedingt seinen Rücktritt einreichte.

Dass er als Deutschlands jüngster Diözesanbischof der katholischen Kirche sein Amt antrat, sei inzwischen kaum mehr ein Thema. Aber: „Es kann eine Chance sein, dadurch dichter an der jungen Generation dran zu sein. Ansonsten erinnere ich mich gerne an meine Amtseinführung, bei der Kardinal Marx meinte: Das ist ein Privileg, das man überlebt - weil irgendwann jemand anders der Jüngste ist.“

Gerber gilt in Kirchenkreisen als vielversprechender Kirchenmanager mit Teamgeist, Fachkenntnis und Organisationsvermögen. Der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, sagte über ihn: Gerber beeindrucke durch seine den Menschen zugewandte, lebensfrohe und offenherzige Art. Er lege überzeugendes Auftreten, organisatorisches Geschick und Herzlichkeit an den Tag. Theologische Weitsicht und Spiritualität zeichneten ihn aus.

Marx' Nachfolger als DBK-Vorsitzender, Bischof Georg Bätzing (Limburg), ist ebenfalls angetan: „Bischof Gerber ist im Bistum Fulda sehr schnell heimisch geworden und hat mit seiner freundlichen Art die Herzen der Menschen erobert. Er ist ein erfahrener Seelsorger und - als jüngster Diözesanbischof natürlich vor allem interessiert und sensibel für die Lebensweise und Denkart junger Menschen.“

Bätzing sagte weiter, Gerber wisse die kirchlichen Strukturen gut zu nutzen und sie den neuen Herausforderungen in dieser Umbruchzeit anzupassen. „Michael Gerber ist ein „Schaffer“ mit Überblick - und gleichzeitig strahlt er eine Gelassenheit aus, die aus dem Innern kommt und vom geistlichen Leben genährt wird.

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