Bonn:Kirchen verlieren weiter Mitglieder

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Mainz/Darmstadt (dpa/lhe) - Die katholische Kirche in Hessen und die beiden evangelischen Landeskirchen haben im vergangenen Jahr zusammen mehr als 57 000 Mitglieder verloren. Wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag bekanntgab, lebten 2017 rund 16 000 oder 1,1 Prozent weniger Katholiken in Hessen als noch 2016. Die beiden evangelischen Kirchen im Land meldeten rund 41 000 Mitglieder weniger als im Vorjahr.

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Mainz/Darmstadt (dpa/lhe) - Die katholische Kirche in Hessen und die beiden evangelischen Landeskirchen haben im vergangenen Jahr zusammen mehr als 57 000 Mitglieder verloren. Wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag bekanntgab, lebten 2017 rund 16 000 oder 1,1 Prozent weniger Katholiken in Hessen als noch 2016. Die beiden evangelischen Kirchen im Land meldeten rund 41 000 Mitglieder weniger als im Vorjahr.

Insgesamt lebten 2017 rund 1,42 Millionen Katholiken in Hessen. Die Gläubigen verteilen sich auf die drei Bistümer Fulda, Limburg und Mainz. Deren Gebiete reichen auch in andere Bundesländer. Im Bistum Fulda sank die Zahl der Katholiken von rund 393 000 im Jahr 2016 auf rund 390 000. Im Bistum Limburg lebten 2017 rund 624 000 Gläubige (2016: 635 000), in Mainz 730 000 (2016: 740 000).

Die schwindenden Mitgliederzahlen haben zum einen demografische Gründe: So kamen auf 11 400 Taufen in den drei Bistümern 18 200 Bestattungen. Der Kirchenexperte und Publizist Andreas Püttmann (Gesellschaft ohne Gott) glaubt jedoch: „Der Mitgliederrückgang ist weniger demografisch als dadurch bedingt, dass die Tradierung des Glaubens in Familien, Gemeinden und Schulen nicht hinreichend funktioniert.“

Das macht sich auch bei den Austritten bemerkbar: In allen drei Bistümern traten wieder mehr Menschen aus der Kirche aus als im Vorjahr - und das, nachdem 2016 nach jahrelang steigenden Austrittszahlen erstmals ein Rückgang vermeldet werden konnte. In Fulda traten im vergangenen Jahr rund 2500 Katholiken aus der Kirche aus (2016: 2300, 2015: 2700), in Limburg 6300 (2016: 5400, 2015: 6200) und in Mainz ebenfalls 6300 (2016: 6100, 2015: 7000). „Die Anzahl der Kirchenaustritte schmerzt“, schrieb die Deutsche Bischofskonferenz in einer Mitteilung.

Die Zahl der Mitglieder, die den Glauben tatsächlich in Gottesdiensten praktizieren, ist weiterhin gering: In den drei Bistümern nahm nur ungefähr jeder zehnte Katholik auch an Messen teil. „Wir können aber feststellen, dass gerade an den wichtigen Festen wie Weihnachten und Ostern die Kirchen nahezu überfüllt sind“, teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit. „Das zeigt, dass an diesen Tagen Kirche dazugehört.“

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) verzeichnete 2017 einen Mitgliederverlust von rund 2,1 Prozent. „Das ist ein erheblicher Rückgang, der uns zu denken gibt“, sagte EKKW -Vizepräsident Volker Knöppel. Es lebten dort rund 812 000 Mitglieder. Rund 5300 traten aus. Im Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) lebten 2017 rund 1,5 Prozent weniger evangelische Christen als noch 2017, nämlich rund 1,55 Millionen. Es traten 15 500 aus.

Ähnlich wie bei den katholischen Kirchen in Hessen war in der EKHN waren die Zahl der Austritte 2016 noch gesunken und nun wieder angestiegen. „Als Hauptgrund sehen die Statistikexperten das im vergangenen Jahr in Hessen eingeführte vereinfachte Verwaltungsverfahren, das den Kirchenaustritt in Bürgerämtern möglich und damit leichter macht“, teilte die EKHN mit. Außerdem nehme bei vielen Menschen die Bereitschaft ab, sich langfristig an große Institutionen zu binden.

Der Rückgang liegt aus Sicht von Religionssoziologen weniger an einem falschen kirchlichen Angebot, sondern an allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen, an denen die Kirche nichts ändern könne: zunehmender Wohlstand, Individualisierung, Urbanisierung, vielfältige Freizeitmöglichkeiten, Bildungsexpansion, Mobilitätszunahme. „Die Selbstbezeichnung als religiöser Mensch ist seit Jahrzehnten im leichten Sinkflug“, sagte Püttmann. „Nur jeder Dritte erklärt, an religiösen Themen interessiert zu sein.“

Während die Mitgliederzahlen schrumpfen, müssen sich Protestanten und Katholiken zumindest um die Kirchensteuereinnahmen vorerst keine Sorgen machen. Die Einnahmen stiegen wie in den vergangenen Jahren auch 2017 sogar weiter an: Die katholische Kirche erhielt 6,43 Milliarden Euro (2016: 6,15 Milliarden Euro), die evangelische Kirche 5,67 Milliarden (2016: 5,45 Milliarden Euro). Nach Angaben der evangelischen Kirche ist dies durch die positive Entwicklung der Löhne und Einkommen in Deutschland bedingt.

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