Die Helferin gegen Japans Bärenkrise schaut aus wachen Augen. Und Imura Junta von der Naturschutzorganisation Picchio will gleich mal zeigen, was sie kann. "Sitz!", sagt er. Sofort lässt sich die Karelische Bärenhündin Elf auf ihren Hinterpfoten nieder. "Bell!", sagt Junta. Ohne Zögern bellt das Tier. Elf ist gut erzogen, aber natürlich sind diese einfachen bestandenen Tests nicht das, was sie wirklich auszeichnet. Elf, fünf Jahre alt, etwa 50 Zentimeter hoch, schwarz-weißes Fell, kann Bären vertreiben und bewerkstelligt damit in der Gemeinde Karuizawa eine Sicherheit, die Mensch und Natur gleichermaßen guttut.
In Japan klagen die Menschen schon lange darüber, dass sich die Bären des Landes - Braunbären auf der Nordinsel Hokkaido und Asiatische Schwarzbären auf den Hauptinseln Honshu und Shikoku - immer häufiger aus den Bergwäldern in die Städte verirren. Der demografische Wandel in der alternden Nation trägt dazu bei. Bauerndörfer, die früher eine Art Vorposten der Bärenabwehr waren, sterben aus. Mehr gefährliche Begegnungen sind die Folge. Nach Zahlen des Umweltministeriums in Tokio gab es dieses Jahr bis Ende Oktober landesweit 177 Fälle, bei denen Menschen durch Bären zu Schaden kamen - Rekord. Fünf Menschen starben dabei.
Picchio-Geschäftsführer Masaya Kusube mag den Begriff "Bärenkrise" nicht. Bären sind nun mal japanische Ureinwohner. Außerdem führt das Bild vom Bären als Angreifer aus seiner Sicht in die Irre. "Vor allem Schwarzbären sind schwer zu finden, weil sie Abstand zum Menschen wollen." Aber natürlich leugnet Kusube nicht das Problem. Im Gegenteil.
Die Hunde fürchten sich nicht vor den Bären, aber sie halten Abstand
Karuizawa liegt auf einer Hochebene der Präfektur Nagano am Fuße des Vulkans Asama. Viele wohlhabende Leute haben hier ein Ferienhaus, deshalb ist die Gemeinde reich und kann sich einen aufwendigen Bärenschutz leisten, bei dem kaum ein Bär erschossen wird. "Das Problem begann mit dem Müll", sagt Masaya Kusube. Vor allem im Sommer, wenn für die Bären das Nahrungsangebot im Wald knapper ist als im Frühling oder Herbst, plünderten sie die Mülltonnen in Karuizawas Außenbezirken.
Abfallcontainer mit Verschlüssen, die Bären nicht öffnen können, erwiesen sich als gute Verteidigung. Bären-Monitoring mittels Funkhalsbändern half, die Wege der Bären zu verfolgen. Und die Karelischen Bärenhunde lernte Picchio 2004 durch die amerikanische Bärenschutz-Pionierin Carrie Hunt aus Montana kennen. Neben Elf beschäftigt Picchio derzeit noch drei weitere.
Nicht jeder Hund ist für die Bärenvertreibung geeignet. "Ein normaler Jagdhund könnte zu aggressiv sein und getötet werden, wenn der Bär sich wehrt", erklärt Masaya Kusube. Karelische Bärenhunde haben einen natürlichen Bäreninstinkt. Sie können Bären aus der Ferne wahrnehmen, fürchten sich nicht vor ihnen, aber halten Abstand. Die Bären hingegen fürchten die zornigen Stimmen der Hunde. Picchio-Mitarbeiter wie Imura Junta patrouillieren von nachts bis frühmorgens mit den Hunden durch den Ort. Mit gezieltem Bellen verscheuchen diese dann die Bären, die sich zu weit vorwagen. Es ist in gewisser Weise eine diplomatische Lösung. Elf und die anderen Hunde sprechen eine Sprache, die die Bären verstehen.