Stilkritik: Überzieher:Bitte kein Kuhfladen auf dem roten Teppich!

Der rote Teppich in Elmau muss höchsten Sauberkeitsansprüchen genügen. (Foto: Chris Emil Janssen/imago)

Beim G-7-Gipfel auf Schloss Elmau müssen internationale Pressevertreter hellblaue Plastiktüten über ihrem Schuhwerk tragen. Da hätte auch Loriot seine Freude dran gehabt.

Von Martin Zips

Der Überzieher, wo er dem Menschen nicht nur angeraten, sondern gar befohlen wird, sagt vor allem eines: Es gibt etwas, das wichtiger ist als du! Also schütze bitte deine Umgebung (ein bisschen auch dich selbst). Die Hege des Parkettbodens des Schlosses Versailles zum Beispiel ist wichtiger als das Recht der Touristengruppe auf Präsentation persönlicher Fußbekleidung. Das ist doch überhaupt keine Frage. Also werden hier Überzieher verteilt. Selbst bei einem lustigen Schulausflug ins Atommüllendlager oder ins Biotechnologiezentrum Marburg-Biedenkopf geht ohne Überzieher meist gar nichts.

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Nun wurden auch die aus der ganzen Welt angereisten Berichterstatter beim Fototermin von US-Präsident Joe Biden mit Bundeskanzler Olaf Scholz auf Schloss Elmau zum Tragen hellblauer Plastiksäcke verpflichtet. Das Überstülpen über (zuvor sicher eigens für den G-7-Gipfel angeschafftes) Schuhwerk fiel nicht jedem leicht. Angeblich ging es hier um den Schutz eines Teppichs, welcher dort - wo Loriot einst seine Sketche schrieb - in roter Farbe leuchtet. Und, sicher, weder das Hotel noch die internationale Politik hätte wohl Freude an dem gehabt, was dem ein oder anderen Medienvertreter hier, in der ländlichen Idylle des Wettersteingebirges, womöglich aus dem Gummiprofil geplumpst wäre.

Andererseits: Hatte man zum Beispiel Elmar Theveßen, den ZDF-Büroleiter in Washington, nicht immer für eine Koryphäe der öffentlich-rechtlichen Publizistik gehalten? Wie mag der nur ausgesehen haben, in diesem lächerlichen Raschelzeug? Es ist und bleibt halt keine einfache Sache, die sehr, sehr schwierige Abwägung zwischen Weltpolitik und Kuhfladen.

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