SZ-Kolumne "Bester Dinge":Fliegende Handtücher

(Foto: Condor)

Eine deutsche Fluggesellschaft malt ihre Maschinen buntgestreift an. Das Design im Strandtuch-Look passt zum Drang der Deutschen, im eigenen Umfeld Dinge zu reservieren.

Von Marcel Laskus

Fast noch aufschlussreicher als der Inhalt von Wikipedia-Artikeln kann ein Blick darauf sein, in welche Sprachen die Artikel sonst noch übersetzt werden. Über Olaf Scholz etwa lässt sich alles erfahren, auch wenn man finnische, indonesische oder aserbaidschanische Muttersprachlerin ist. Er ist eben bekannt. Anders der Artikel über das "Belegen von Liegestühlen". Im Ausland scheint die Nachfrage dazu gänzlich zu fehlen. Die einzige Sprache, in der er existiert, ist Deutsch. Eine mögliche Erklärung dafür: Noch knapp bevor ein Kind hierzulande das Wort Handtuch aussprechen kann, lernt es, dass Reservieren über Riskieren geht.

Das Phänomen des reservierten Liegestuhls führt bekanntlich zu Fremd- und Selbstscham, weil man es bei anderen blöd findet - und für sich selbst dann auch den schlechten Liegeplatz weit weg vom Chlorwasser fürchtet. Umso beachtlicher ist, wie selbstbewusst der deutsche Urlaubsflieger Condor sein Design nun überarbeitet hat. Künftig werden seine Maschinen nicht mehr, wie bisher, überwiegend in sachliches Weiß getüncht sein, sondern mit bunten Streifen so aussehen wie ein 45 Meter langes Handtuch, das mehrere dutzend Liegestühle reservieren könnte.

Als erste der neu gestalteten Maschinen wird schon in dieser Woche der A321 mit gelben Streifen am Himmel zu sehen sein. "Wir haben uns ein Muster gesucht, was typisch für den Urlaub ist, für Freizeit", erklärte der verantwortliche Designer. Ob internationale Flughäfen bei Landung der deutschen Handtuch-Maschinen künftig befürchten, dass die Landebahn nun unbefristet als belegt gilt, wird auch davon abhängen, wie umfassend der oben genannte Wikipedia-Artikel noch übersetzt wird.

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