SZ-Kolumne "Bester Dinge":Kommt kuscheln, Muscheln!

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(Foto: imago stock&people)

Nach mehr als 300 Millionen Jahren ist die Flussperlmuschel vom Aussterben bedroht. Doch Naturschützer haben ein geniales System entwickelt, um sie zu retten.

Von Anna Fischhaber

Zu wenig Produktivität, zu viel Einsamkeit. Mit der Vergreisung der Gesellschaft ist das ja so eine Sache. Doch offenbar plagt das Problem nicht nur die Menschheit, sondern auch die Flussperlmuschel, wie die Nachrichtenagentur epd berichtet. Die Muschel ähnelt mit ihrer dicken braun-schwarzen Schale ein wenig einem Osterei. Oder zumindest einer Schokomeeresfrucht, wie sie in Belgien gerne als Praline gereicht wird, obgleich sie vor allem im Dreiländer-Eck Bayern-Sachsen-Tschechien wächst. Als einer der ältesten Organismen der Welt hat sie Dinosaurier und Industrialisierung überlebt, nun aber ist sie vom Aussterben bedroht.

Es gehe bei den Flussperlmuscheln zu "wie in einem Hospiz", sagen Naturschützer, die jüngsten Exemplare seien Ü-50. Der Grund liegt offenbar in der schwierigen Kindheit, die Muschelbabys überstehen im Forellen-Taxi (sie nisten sich in deren Kiemen ein) ihren ersten Winter und graben sich dann jahrelang im Bachbett ein. Mehr als 300 Millionen Jahre hat das funktioniert, aber nun schaffen es die Jungmuscheln nicht mehr aus dem Kies, sie ersticken an Sedimenten, die von den Äckern in die Bäche geschwemmt werden.

Naturschützer haben deshalb ein geniales System erdacht, um den Nachwuchs fernab des Baches in Wasserbecken aufzuziehen. Sie machen das Wasser schön warm und spielen für die Minimuscheln Frühling, füttern, reinigen und kontrollieren sie jahrelang. Man kann sich das ein wenig wie Muschelnkuscheln vorstellen, es braucht dazu Geduld, erst wenn der Nachwuchs groß ist, wird er von den menschlichen Eltern in die Freiheit entlassen. Auch hier gleichen sich Mensch und Muschel: Kuscheleinheiten helfen einfach immer.

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