Urteil des EuGH:EU-Staaten dürfen rituelle Schlachtung ohne Betäubung verbieten

Manche Tiere werden ohne Betäubung geschlachtet, um Fleisch koscher beziehungsweise halal herzustellen. (Foto: Owen Humphreys/dpa)

Verhandelt wurde ein brisanter Rechtsstreit aus Flandern, wo solche Schlachtungen aus Tierschutzgründen verboten sind. Jüdische und muslimische Verbände hatten dagegen geklagt.

EU-Staaten dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben. Derartige Vorschriften verstießen nicht grundsätzlich gegen das Recht auf Religionsfreiheit, befanden die Richter am Donnerstag in Luxemburg. Eine solche Vorgabe folge dem von der EU anerkannten Ziel, das Wohlergehen von Tieren zu fördern (Rechtssache C-336/19). Der Tierschutz habe in diesem Fall Vorrang.

Verhandelt wurde ein politisch brisanter Rechtsstreit aus Belgien. Dort hatte die Region Flandern die Schlachtung ohne Betäubung 2017 aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände klagten dagegen. In beiden Religionen gibt es Vorschriften zum Schlachten ohne Betäubung, um Fleisch koscher beziehungsweise halal herzustellen. Gläubige sahen deshalb ihre Religionsfreiheit in Gefahr.

Eine vorherige Betäubung sei das "beste Mittel, um das Leiden des Tieres zum Zeitpunkt der Tötung zu verringern", entschied dagegen der EuGH. Fleisch von rituell geschlachteten Tieren könnten Gläubige auch aus anderen Ländern einführen. Der Umstand, dass nach dem flämischen Dekret keine Betäubung im Bereich der Jagd, der Fischerei oder bei kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen vorgesehen sei, sei nicht mit der vorgeschriebenen Betäubung beim Schlachten vergleichbar. Es lägen hier ganz andere Umstände vor als bei der Tötung von Nutztieren.

Dem Urteil vom Donnerstag zufolge lässt das EU-Recht zudem in Ausnahmefällen und im Sinne der Religionsfreiheit die rituelle Schlachtung ohne vorherige Betäubung zu. Die EU-Staaten könnten aber dennoch selbst eine Verpflichtung zur Betäubung der Tiere vorsehen. Das verhandelte Dekret aus Flandern achte die Religionsfreiheit, da es rituelle Schlachtungen nicht als solche verbiete.

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