SZ-Kolumne "Bester Dinge":Oma, bist du's?

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(Foto: Getty Images/Hulton Archive/Collage SZ)

Edward Norton kam 1969 zur Welt, Pocahontas wohl 1595. Nun stellt sich heraus: Der Schauspieler und die Häuptlingstochter sollen verwandt sein. Und Norton fühlt sich auf einmal ganz klein.

Von Oliver Klasen

Schauspieler Edward Norton weiß jetzt, wer seine Ururururururururururururgroßmutter ist. Der TV-Moderator Henry Gates hat es ihm vor laufender Kamera verraten, in der Show "Finding our roots". Nortons Stammbaum ließe sich bis ins Jahr 1614 zurückverfolgen, daran gebe es keine Zweifel. "Pocahontas ist tatsächlich Ihre Großmutter zwölften Grades", sagte Gates zu Norton. "Oh my God", sagte Norton.

Pocahontas ist in der - aus Sicht der weißen Mehrheit geschriebenen - Geschichte der USA ein Mythos, der die Unterdrückung der native americans verklären und suggerieren soll: Die Besiedlung der Neuen Welt sei im Großen und Ganzen friedlich verlaufen. Stammesfrau lernt englischen Pflanzer kennen, verliebt sich und taucht in seine Welt ein. 1995 gab es dazu den sehr erfolgreichen Disney-Film.

Die Forschung nach den familiären Wurzeln, die Genealogie, wird auch in Deutschland immer beliebter. Eine Fernsehshow gibt es hierzulande zwar nicht, aber jeder kann sich im Internet ein DNA-Kit bestellen und für weniger als 100 Euro die eigene Speichelprobe untersuchen lassen. Man sei zu 29 Prozent westeuropäisch und zu 14 Prozent russisch-jüdisch, solcherlei zunächst kaum hilfreiche Information fördert das dann zutage. Spezielle Websites helfen einem, in dem Riesen-Genpool namens Menschheit möglicherweise eine Cousine dritten Grades zu finden, von der man bisher nichts ahnte. Wer weiter gehen will, lernt deutsche Kurrentschrift zu entziffern und wälzt Kirchenbücher, um zu ergründen, was die Urahnen Siebzehnhundertschießmichtot so getrieben haben.

Edward Norton drückte es so aus: "Das macht dir klar, was für ein kleines Stück der riesigen menschlichen Geschichte du bist." Klingt nach Demut - und Demut kann ja vielleicht nicht schaden in diesen leicht größenwahnsinnigen Zeiten.

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