SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":"Donaldismus ist ein Quell nie versiegender Glückseligkeit"

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Uwe Wackerhagen, 68, Elektromeister aus Braunschweig, hat schon mal einen Vortrag über Gleich- und Wechselstrom in Entenhausen gehalten. (Foto: privat)

Am Wochenende treffen sich Deutschlands Donaldisten zu ihrem Jahreskongress und diskutieren über Fragen wie: Welche Spannung herrscht im Stromnetz von Entenhausen? Ein Gespräch mit dem Elektromeister Uwe Wackerhagen, der nicht nur diese Frage beantworten kann.

Interview von Martin Zips

An diesem Wochenende findet in Frankfurt am Main der 44. Kongress der deutschen Donaldisten statt. Die 1977 von einem Klimaforscher mitgegründete "Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus" (kurz: D.O.N.A.L.D.) beschäftigt sich intensiv mit der Erforschung des Ortes Entenhausen und seiner Bewohner. Auch der Braunschweiger Elektromeister Uwe Wackerhagen, 68, nimmt an dem Treffen teil.

SZ: Herr Wackerhagen, Sie beschäftigen sich bereits seit mehreren Jahrzehnten mit dem Ort Entenhausen. Handelt es sich bei Ihrem Hobby um eine Art Weltflucht?

Uwe Wackerhagen: Keineswegs. Was mich mit den etwa 130 anderen Donaldisten verbindet, die an diesem Wochenende an der Frankfurter Goethe-Universität zusammenkommen, das ist einerseits die Liebe, andererseits auch ein großes Fachwissen, was die vielen Hundert von Carl Barks seit den 1940er-Jahren geschaffenen Donald-Duck-Berichte angeht. Bei unseren Zusammenkünften blicken wir aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln darauf.

Wie läuft Ihr Treffen ab?

Da gibt es einen offiziellen Teil, bei dem Vorträge gehalten werden, einen Teil für Regularien und auch touristische Angebote - mit gemeinsamen Ausflügen und dem Angehörigenkollektiv, also Zusammenkünften von Begleitpersonen.

Ihre Begleitpersonen sind meist weiblich?

Richtig. Hingegen ist die Zahl der aktiven weiblichen Donaldistinnen sehr überschaubar.

Wie erklären Sie sich das?

Offenbar sind Comics eher was für Männer. Jedenfalls fühlen wir uns wirklich sehr vereint durch unsere Leidenschaft. Die Comics von Carl Barks entdeckte ich bereits als Kind. Im Jahre 1965 während eines völlig verregneten Ausflugs mit meinen Eltern in die Alpen.

Gut, aber das ist doch jetzt fast 60 Jahre her. Sie sind mittlerweile erwachsen und ...

Donaldismus ist ein Quell nie versiegender Glückseligkeit. Auch heute noch befinden sich auf meinem Nachttisch Donald-Duck-Bände, und ich bewundere die Detailverliebtheit, zum Beispiel bei Strommasten.

Herr Wackerhagen. Was sind das für Vorträge, die Sie da in Frankfurt halten?

Wir befassen uns mit allen möglichen Aspekten. An unseren Kongressen nehmen ja Leute jedweder Couleur teil, Akademiker und Arbeiter. Es sind Biologen, Apotheker, Handwerker, Lehrer, Zahnärzte, Publizisten, Beamte, Politiker, Drucker. In den Diskussionen spielt mal der Aspekt des Handwerks in den Donald-Duck-Comics eine Rolle, mal die Frage, warum es in Entenhausen zwar Waschbecken, aber keine Toiletten gibt. Jeder trägt etwas aus seinem Fachgebiet bei. Einer hat sich sogar mal die Mühe gemacht, aus sämtlichen Informationen, die aus Barks' Bildergeschichten herauszulesen waren, eine genaue Karte von Entenhausen anzufertigen. Inklusive Fort Fliegentrutz und der Postraketenabschussrampe.

Ente Gelände: Stadtplan von Entenhausen. (Foto: Jürgen Wollina/D.O.N.A.L.D.)

Ach so. Und worüber referieren Sie, als Elektromeister?

Anhand mehrerer Zeichnungen konnte ich bereits eindeutig nachweisen, dass Entenhausen sowohl über Gleich- wie auch Wechselstrom verfügt. Die Netzspannung liegt bei 313 Volt.

313 ist die Zahl auf dem Nummernschild von Donalds Auto.

Richtig. Für Donaldisten ist die 13 eine ungeheuer interessante Zahl. Deshalb freut es mich auch, dass ich der 13. Ehrenpräsidente unserer Organisation bin.

Präsidente ist ein Kofferwort aus Präsident und Ente, nicht?

Ja. In Frankfurt werde ich diesmal der Frage nachgehen, ob es sich beim Entenhausener Münster tatsächlich um einen Sakralbau handelt. Im Gegensatz zu einem Theologen aus Graz, der ebenfalls unsere Treffen besucht, vermute ich eher ein Überbleibsel der Entenhausener Weltausstellung.

Herr Wackerhagen. Sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie und Ihre Organisation die aktuellen Zeichen der Zeit erkennen? Zuletzt hatte es etwa berechtigte Debatten über "Zwergindianer" und afrikanische Zombies in den Comics gegeben. Auch über die von einem erschreckend patriarchalischen Vokabular durchsetzten Übersetzungen von Dr. Erika Fuchs.

Auch damit muss man sich auseinandersetzen! Nachträglich allerdings, wie es Verlage tun, Texte in den Sprechblasen zu ändern oder ganze Geschichten zu streichen - das lehnen wir ab. Diese Comics sind in einer bestimmten Zeit entstanden, vor Zensur warnen wir, möchten uns aber auch nicht vor den Karren irgendwelcher rechter Extremisten spannen lassen. Das schließt den friedlichen Entenhausener Grundansatz, den wir vertreten, völlig aus. Kommentierungen gehen in Ordnung.

Und werden Sie auch diesmal wieder die angeblich von Donald Duck selbst komponierte Hymne "Der rührselige Cowboy" anstimmen?

Selbstverständlich. Und um auf Ihre Eingangsfrage mit der Weltflucht wieder zurückzukommen: Wenn jemand flieht, dann sind es - genau in diesem Moment - meist die anderen Personen, die mit uns im Gasthaus sitzen.

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