SZ-Kolumne "Bester Dinge":Bummel statt Bahn

(Foto: Jonas Walzberg/dpa)

Passagiere der Deutschen Bahn müssen zwischen Flensburg und Kiel zu Fuß über eine sanierungsbedürftige Brücke gehen - eine wegweisende Form des Schienenersatzverkehrs.

Von Martin Zips

In "Wall-E", einem der besseren Kinderfilme der vergangenen Jahre, wird die Zukunft so beschrieben: Fleischklopse, die einst Menschen waren, lassen sich von akkubetriebenen Sitzcomputern sänftengleich durch die Luft befördern. Weil sie sich nie bewegen, sind ihre Muskeln längst verkümmert, ihre Knochen zurückgebildet. An diese Szenen muss man gelegentlich denken, wenn man einen Anzugträger mit Elektroroller durch die Innenstadt brettern sieht.

Als Fahrgast der Deutschen Bahn wird man natürlich auch sehr komfortabel befördert. Zwar kann man sich nicht immer sicher sein, ob die Betonschwellen unter der Federung auch wirklich halten oder der Anschluss in Frankfurt klappt, aber bewegen muss man sich dann doch meist nur auf die Toilette. Ganz anders diejenigen Zugpassagiere, die während ihrer Fahrt von Kiel nach Flensburg nun zwischendurch über eine Klappbrücke laufen müssen. Weil die Schleibrücke bei Lindaunis saniert wird und deshalb für den Bahnverkehr gesperrt ist (Fußgänger dürfen noch drüber), stoppt der Zug kurz davor. Zwölf Minuten haben die Fahrgäste für 350 Meter Zeit (auf Wunsch wartet ein Rollstuhltaxi), dann geht es weiter, im Anschlusszug, der bereits auf der anderen Seite wartet.

Eine fantastische Sache, denn so spart man sich nicht nur 40 Kilometer Schienenersatzverkehr, man lernt auch was: Bewegung tut gut. Sie ist total umweltfreundlich und gesund. Und selbst im Regen mit Rollkoffer auf der Schleibrücke sieht man nur halb so bescheuert aus wie eine dieser Miet-Pommes auf ihren Akkurollern.

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