Tödlicher Unfall in Berlin:SUV-Fahrer hatte einen Krampfanfall

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  • Fünf Wochen nach dem tödlichen SUV-Unfall in Berlin mit vier Toten legt die Staatsanwaltschaft ihr Ermittlungsergebnis vor.
  • Sie geht davon aus, dass der Fahrer durch einen "Krampfanfall" ungebremst in die Fußgängergruppe raste.

Von Verena Mayer, Berlin

Am Bauzaun an der Invalidenstraße in Berlin-Mitte hängen noch immer Zeichnungen, Briefe und Kuscheltiere. Sie erinnern an die vier Menschen, die hier starben, als ein Porsche Macan Anfang September von der Fahrbahn abkam und auf den Bürgersteig raste.

Der Unfall löste eine bundesweite Debatte über SUVs aus und darüber, ob man Geländewagen aus den Innenstädten verbannen sollte. Seit Mittwoch steht nun fest, warum es überhaupt zu dem Unfall kam: Der SUV-Fahrer hatte einen Krampfanfall, wie die Staatsanwaltschaft Berlin mitteilte. Dabei drückte er sein Bein auf dem Gaspedal durch und fuhr mit 104 Stundenkilometern in eine Menschengruppe. Zwei junge Touristen, eine Frau und ihr dreijähriger Enkel wurden getötet - vor den Augen der Mutter und des Bruders des kleinen Jungen.

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Einen technischen Defekt am Auto schließt die Staatsanwaltschaft aus. Der 42- jährige Fahrer soll vielmehr an Epilepsie leiden und regelmäßig Medikamente einnehmen. Auch vor dem Unfall soll er deswegen Tabletten genommen haben, wie seine Beifahrerin der Polizei sagte. Der Mann saß bei dem Unfall mit seiner Mutter und einem Kind im Auto, er wurde beim Aufprall leicht verletzt und im Krankenhaus behandelt. Bislang hat er nichts gesagt, er ließ den Ermittlern lediglich über seinen Anwalt mitteilen, ein "akuter medizinischer Notfall" habe zu dem Unfall geführt. Auch seine Patientenakte bekamen die Ermittler aus rechtlichen Gründen nicht. Bei einer Hausdurchsuchung stellten die Ermittler jedoch andere Beweismittel sicher.

Die zentrale Frage ist nun, wie krank der Mann ist und was er von seiner Krankheit wusste. Denn als Epileptiker darf man nicht Auto fahren oder nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn der Mann sich wider besseres Wissen über seine Epilepsie ans Steuer setzte, könnte er strafrechtlich in die Nähe einer bedingt vorsätzlichen Tat kommen.

In Hamburg wurde ein Epileptiker zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er trotz aller Warnungen Auto fuhr

So war es auch bei jenem Fahrer, der im März 2011 im Hamburger Stadtteil Eppendorf in eine Menschengruppe gerast war und vier Passanten getötet hatte, unter ihnen den Sozialwissenschaftler Günter Amendt.

Im Prozess kam heraus, dass der Mann über Jahre alle Warnsignale für seine Epilepsie missachtet, seinem Arzt Anfälle verschwiegen hatte - und trotzdem immer wieder ins Auto stieg. Zwei Crashs hatte er deswegen schon verursacht, eine Zeit lang war ihm auch schon der Führerschein entzogen worden. Der Mann wurde wegen fahrlässiger Tötung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Einen Vorsatz konnten die Richter am Ende zwar nicht feststellen, jedoch ein "hohes Maß an Pflichtwidrigkeit". Auch die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt, ob der Fahrer mit einem Krampfanfall hätte rechnen müssen.

Inzwischen soll sich an der Invalidenstraße einiges ändern. Nach dem Unfall startete eine Gruppe von Anwohnern eine Petition für mehr Sicherheit an der stark befahrenen und stellenweise sehr unübersichtlichen Straße. 12 000 Menschen unterschrieben. Ende September beschloss der Berliner Senat dann einige Maßnahmen. So soll in dem Abschnitt der Invalidenstraße, der als Unfallschwerpunkt gilt, Tempo 30 eingeführt werden. Auch ein geschützter Radweg und bauliche Veränderungen sind geplant. Bis es soweit ist, werden die Leute jedoch auch weiterhin Blumen und Briefe zu dem Bauzaun bringen.

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