Berliner Polizei:Marihuana, Bargeld, Dienstausweis

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Wo geht's lang? Die jüngere Geschichte der Berliner Polizei ist nicht gerade arm an Possen. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Ein Polizist soll sich in der Hauptstadt als Drogenlieferant betätigt haben. Es ist nicht der erste Vorfall, bei dem Berliner Ordnungshüter eine schlechte Figur machen.

Von Verena Mayer, Berlin

Dass jemand erwischt wird, der Drogen durch die Gegend fährt, ist in Berlin nicht ungewöhnlich. Vor dem Landgericht laufen gerade zwei große Prozesse gegen Betreiber sogenannter Drogentaxis, also einer Art Lieferservice, den man über Messengerdienste kontaktiert, und dann bekommt man in unauffälligen Kleinwagen Drogen gebracht, meistens Kokain. Der Mann, den Berliner Polizisten vergangene Woche am Steuer eines solchen Drogentaxis erwischten, war dann aber doch speziell: Es handelte sich nämlich um einen ihrer Kollegen.

Der 29-Jährige war bei einer Fahrzeugkontrolle aufgeflogen, im Auto hatte er Medienberichten zufolge ein Kilogramm Marihuana, 2000 Euro in bar - und seinen Dienstausweis. Der Mann ist demnach einer von etwa 1700 Objektschützern, die Regierungsgebäude oder Botschaften bewachen. Diese haben nicht dieselben Befugnisse wie Polizisten und werden auch nur in einem 16-wöchigen Lehrgang ausgebildet. Sie sind aber Angestellte der Berliner Polizei und tragen im Dienst eine Polizeiuniform. Gegen den Polizisten wird ermittelt, ihm droht die fristlose Entlassung.

Ein Polizeischüler im Film "Pimmel Bingo"

Für wen der Mann in einem Auto voller Drogen unterwegs war und wie viel er dabei möglicherweise verdiente, ist nicht bekannt. Die Polizei äußert sich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu ihrem Mitarbeiter. Fest steht jedoch, dass dies nicht der erste Vorfall ist, bei dem Berliner Polizisten eine unrühmliche Rolle spielen. Viele haben noch die Bilder aus dem Jahr 2017 im Kopf, als 220 Berliner Polizisten helfen sollten, den G-20-Gipfel in Hamburg zu sichern, bei dem es zu Krawallen durch Autonome kam. Der Einsatz der Berliner machte aber vor allem deswegen Furore, weil die Polizisten in ihrer Unterkunft so exzessiv feierten, dass die Hamburger Polizeiführung sie wieder nach Hause schickte. Von Wasserpfeifen und Sex am Zaun war die Rede.

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Eine Debatte um Fehlverhalten bei der Polizei war damals die Folge, bei der weitere Vorfälle ans Licht kamen. Ein Polizist soll Fotos von Kolleginnen auf Pornoseiten hochgeladen haben, ein Polizeischüler in einem Film mit dem Namen "Pimmel Bingo" aufgetreten sein. Die Party in Hamburg hatte am Ende zwar keine disziplinarischen Folgen, der damalige Berliner Polizeipräsident fand keine Belege für skandalwürdiges Verhalten. Sie habe aber sehr wohl dazu beigetragen, das Ansehen der Polizei "auf den Prüfstand" zu stellen, wie der Polizeipräsident in einem Brief an die "lieben Kolleginnen und Kollegen" schrieb. Es sei "mehr als misslich", wenn "wir uns durch individuelles Fehlverhalten angreifbar machen".

Zuletzt war die Berliner Polizei wegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen in den Schlagzeilen. 40 Disziplinarverfahren laufen derzeit gegen mutmaßlich rechtsextreme Polizisten. Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt, bei der Berliner Polizei "dürfe kein Platz für Extremisten sein und ebenso wenig für Drogenkuriere". Er fordert, dass bei Einstellungsverfahren genauer hingesehen werde, man sich eingehender mit Bewerbern und Bewerberinnen der Polizeiakademie beschäftige.

Folgen des Sparzwangs in den Nullerjahren

Denn der aktuelle Fall des mutmaßlichen Drogentaxifahrers steht für ein größeres Problem. Die Berliner Polizei kämpft seit Jahren mit dem Mangel. Vor allem die Personalsituation ist angespannt, seit in Berlin wegen der klammen Haushaltslage in den Nullerjahren an allen Ecken und Enden gespart werden musste. Berliner Polizisten gehören im bundesweiten Schnitt zudem zu den am schlechtesten bezahlten Beamten, und das trotz der hohen Einsatzbelastung, die der Alltag in einer Metropole mit sich bringt.

Zwar hat sich in den vergangenen Jahren einiges verbessert. Seit 2017 wird wieder mehr Personal eingestellt, die Besoldung wurde erhöht, bessere Ausrüstung angeschafft. Aber wie eine Gesundheitsstudie der Freien Universität von 2019 zeigte, leiden viele Berliner Polizisten noch immer unter den Strukturen. So gaben 25,5 Prozent der Befragten an, ein Alkoholproblem zu haben, 19 Prozent der Beamten litten unter Burn-out-Symptomen und 22 Prozent berichteten von Anzeichen von Angststörungen oder Depressionen. Und manchmal werden Polizisten dann offenbar selbst kriminell.

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