Großbritannien:Goodbye, Geronimo!

Lesezeit: 2 min

Das berühmteste Alpaka Großbritanniens: Geronimo. (Foto: Andrew Matthews/AP)

Eine Demonstration in der Downing Street, eine Massenpetition, ein Schuss aus der Wasserpistole - hat alles nichts geholfen: Das bekannteste Alpaka Großbritanniens ist wegen eines positiven Tests auf Rindertuberkulose eingeschläfert worden.

Von Alexander Mühlauer, London

Am Ende, als nichts mehr half, kein Gebet und kein Geschrei, wurde Geronimo abgeführt. An einem langen weißen Strick zog ein Tierarzt das Alpaka unter Polizeischutz von der Weide. Zusammen mit drei Kollegen war er im Schutzanzug auf einen Bauernhof in Wickwar im Westen Englands gekommen, um das zu vollstrecken, was ein Gericht angeordnet hatte: den Tod Geronimos.

Am Dienstagnachmittag teilte das britische Landwirtschaftsministerium schließlich mit, dass das Alpaka eingeschläfert worden sei, um die Ausbreitung der tödlichen und ansteckenden Rindertuberkulose zu verhindern. "Niemand möchte infizierte Tiere töten müssen, wenn es vermeidbar ist", sagte Christine Middlemiss, die oberste Tierärztin der Behörde. Es habe aber keine Alternative gegeben.

Großes öffentliches Interesse: Besitzerin Helen Macdonald bei einem Pressestatement auf ihrem Hof in Wickwar. (Foto: Ben Birchall/AP)

Doch das wollte Geronimos Besitzerin bis zuletzt nicht glauben. Helen Macdonald ist bis heute der Ansicht, dass die von den Gesundheitsbehörden verwendeten Tests ein falsch-positives Ergebnis gezeigt hätten. Sie forderte einen Bluttest, der ihrer Meinung nach sehr viel genauer sei. Macdonald war mit dieser Auffassung nicht allein. Fast 150 000 Menschen unterzeichneten eine Petition, um das Alpaka zu retten. In London gab es eine Demonstration, und auf Macdonalds Hof schob eine selbsternannte Bürgerwehr Wache, um Geronimo zu beschützen.

Das Schicksal des Tieres war in den britischen Boulevardmedien das Drama dieses Sommers. Zum Abschluss fasste die Sun das Entsetzen über Geronimos Tod am Mittwoch in einem Wortspiel zusammen, das zugleich die Schlagzeile auf der Titelseite war: "GERONI-NO!" Doch nicht nur in der Yellow Press war die Empörung groß. Sogar die ansonsten eher unaufgeregte Times schrieb von "Geronimos Todesmarsch".

Gerechtigkeit für Geronimo: Anfang August versammelten sich Dutzende Unterstützerinnen und Unterstützer zu einer Protestkundgebung vor dem Amtssitz des britischen Premiers. (Foto: Tolga Akmen/AFP)

Als die Tierärzte am Dienstagvormittag an Helen Macdonalds Bauernhof eintrafen, wurden sie von gut 20 Polizisten begleitet, die zuvor die Straßen abgesperrt hatten. Die Behörden rechneten offenbar mit reichlich Widerstand, schließlich hatte Macdonald angedroht, sich einer Kugel für Geronimo selbst in den Weg zu werfen. Ganz so dramatisch war es dann doch nicht.

Eine Frau beschoss einen Polizisten mit einer Wasserpistole und wurde vorübergehend festgenommen. Andere beschimpften die Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums und warfen ihnen Tierquälerei vor. Macdonald selbst sprach davon, dass die Behörden ein gesundes Alpaka "ermorden" würden.

Großaufgebot für ein Alpaka: Mitarbeiter des Agrarministeriums holen Geronimo ab. (Foto: dpa)

Das Tier selbst versuchte ein letztes Mal davonzulaufen, aber es gelang ihm nicht. Geronimo wurde auf der Weide eingefangen und in einen Anhänger für Tiertransporte bugsiert. Kurz darauf fuhren die Tierärzte mit dem Alpaka davon. Am Nachmittag meldete das Ministerium, dass Geronimo eingeschläfert worden sei. "Wir müssen uns an die wissenschaftlichen Beweise halten und Tiere keulen, die positiv auf Rindertuberkulose getestet worden sind", sagte Cheftierärztin Middlemiss. Das wichtige Ziel sei schließlich, "die größte Bedrohung für die Tiergesundheit in diesem Land auszurotten".

Laut Ministerium mussten allein im Jahr 2020 mehr als 27 000 infizierte Tiere getötet werden. Die Auswirkungen auf Bauern und Dörfer seien enorm, die Kosten für die Steuerzahler lägen bei mehr als 100 Millionen Pfund pro Jahr. Trotz dieser Tatsachen zeigte ein Sprecher der britischen Regierung ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen. Am Tag von Geronimos Tod sagte er: "Unser Mitgefühl gilt Frau Macdonald und allen anderen, die von dieser schrecklichen Krankheit betroffen sind."

© SZ/nas - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Naturschutz in Südamerika
:Nagetiere gegen Neureiche

In einer argentinischen Luxus-Wohnanlage vermehren sich die Wasserschweine und baden auch gerne mal in den Pools, Anwohner empfinden sie als Plage. Aber ist es nicht eigentlich genau umgekehrt?

Von Christoph Gurk

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: