Wolfratshauser Altstadt:Streit über Versetzung des Marienbrunnens

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Der Marienbrunnen auf dem Marienplatz in Wolfratshausen: SPD und BVW wollen ihn versetzen, die Wolfratshauser Liste ist dagegen. Nun könnte es einen Bürgerentscheid geben. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im April hatte der Stadtrat klar entschieden, wie der Marienplatz umgestaltet werden soll. SPD und BVW sind begeistert. Die Wolfratshauser Liste will das mit einem Bürgerentscheid verhindern.

Von Tobias Bug, Wolfratshausen

Der Marienplatz in Wolfratshausen soll umgestaltet werden: Marienbrunnen etwas näher zur Straße, den Platz dahinter begradigen, die Platanen bleiben, wo sie sind. SPD und Bürgervereinigung Wolfratshausen finden das gut. Die Wolfratshauser Liste dagegen will, dass in der Altstadt alles beim Alten bleibt. Das Votum im April im Stadtrat, allerdings, war eindeutig: 15 zu fünf für die Umgestaltung. Alles klar also?

Mitnichten. "Der Marienplatz ist ein Ruhepol, das Herzstück der Altstadt. Wir sollten unsere Altstadt nicht verändern, sondern pflegen", sagt der frühere Bürgermeister Helmut Forster, der inzwischen für die Wolfratshauser Liste im Stadtrat sitzt. Und überhaupt, findet er, wohin solle man den Brunnen denn verschieben? "30 der 450 Quadratmeter des Platzes wird er weiterhin einnehmen."

Ein paar Meter näher zur Straße soll er wandern, das ist der Plan, der auf der Bürgerbeteiligung zur Umgestatung der Marktstraße beruht. Dadurch soll der Brunnen mit der Marienstatue aus dem Schatten der Platanen und mehr ins Sichtfeld rücken, dahinter würde Platz frei. "Wir gewinnen einen großen Bereich zwischen Brunnen und Kirche, auf einer Ebene, den wir multifunktionell nutzen können. Etwa für einen Biomarkt, Musik oder einfach als Treffpunkt", sagt Fritz Schnaller beim Stadtgespräch seiner SPD in der Gaststätte Löwenbräu. Das Potenzial des Marienplatzes sei viel größer als aktuell ausgeschöpft, außerdem werde die Marktstraße nicht verengt durch die Umgestaltung, die Schnaller eine "zukunftsträchtige Lösung" nennt. "Wir brauchen Mut zur Veränderung!"

Wirtschaftsreferent Forster aber findet, dass das Geld derzeit anderweitig benötigt wird. "Die Kosten für die Sanierung der Hammerschmiedschule liegen bei 22 bis 25 Millionen Euro. Und das ist eine Pflichtaufgabe." Das Landratsamt habe die Stadt aufgerufen, auf ihre Finanzen zu achten. "Wir können uns einfach keine ,Nice-to-have-Projekte' wie die Brunnenversetzung leisten", sagt Forster, der nach Rücksprache mit dem Steinmetz Karl Dirnberger die Kosten für die Brunnenverlegung auf mehr als 300 000 Euro schätzt.

Es gebe noch keine sicheren Aussagen über die Kosten des Vorhabens, hält Schnaller dagegen, außerdem steuere die Städteförderung wohl die Hälfte der Summe bei. "Das Argument, das Geld sei zum Fenster rausgeschmissen, ist eines Stadtrats nicht würdig." Es sei unredlich zu sagen, dass es zu teuer sei, wenn man die Kosten nicht kenne, pflichtet ihm Ulrike Krischke (BVW) bei, die beim SPD-Stadtgespräch zu Gast ist. "Immer wieder werden in der Bevölkerung mehrheitsfähige Projekte aus nichtigen Gründen von konservativen Kräften zermürbt", klagt Krischke.

Beide Parteien sehen die Bürgerschaft auf ihrer Seite. Die Befürworter der Umgestaltung aus SPD und BVW, weil im Oktober 2021 eine Bürgerbeteiligung zum Thema in der Loisachhalle stattfand, auf der die Variante erarbeitet wurde, den Brunnen zur Straße hin zu versetzen. Insgesamt ergab sich bei der Bürgerbefragung aber keine klar erkennbare Meinung, in einer Online-Umfrage votierte dann eine Mehrheit von 30 Prozent für die Variante eins, also den Erhalt des Status quo. Da aber der Großteil für die Varianten zwei, drei und vier votiert hatten, also für eine Verschiebung des Brunnens in verschiedene Richtungen, sagt Schnaller: "70 Prozent wollen eine Versetzung."

Die Wolfratshauser Liste ist sich dagegen sicher, dass die Bürger das nicht wollen. Die Partei will nun einen Bürgerentscheid anstrengen, um das Projekt zu verhindern. Dafür braucht sie die Unterschriften von wenigstens neun Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung, also knapp 1300. "Wir haben Listen in 25 Ladenlokalen ausgelegt und bekommen privaten Zulauf", sagt Forster. "In drei, vier Wochen werden wir dem Bürgermeister genügend Unterschriften vorlegen." Ulrike Krischke nervt das: "Wenn schon Gegenwind, dann aus der Bürgerschaft und nicht auf Entscheiderebene, die eine demokratische Abstimmung im Stadtrat zu unterhöhlen versucht." Trotz des eindeutigen Votums also ist es unsicher, wo der Marienbrunnen in Zukunft stehen wird.

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