Jubiläumsfeier:Walchenseekraftwerk wird 100 Jahre alt

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Die Walchenseekraftanlage mit ihren markanten Fallrohren gehört zu Uniper. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das von Oskar von Miller konzipierte Wasserkraftwerk ging am 26. Januar 1924 an den Start. Zum Geburtstag veranstaltet Betreiber Uniper das ganze Jahr über ein Programm mit Vorträgen, Konzerten, Publikationen und Tagen der offenen Tür.

Von Klaus Schieder, Kochel am See

Der Bauleitung reichte es langsam. Immer mehr Schaulustige zog es am Wochenende ins Altjoch, als das Walchenseekraftwerk errichtet wurde. Sie sahen sich die Großbaustelle an und dürften zuweilen auch dorthin gegangen sein, wo sie nichts zu suchen hatten. In einem Schreiben an die zuständigen Behörden in Bad Tölz forderte der Bauleiter jedenfalls, jemand möge sich doch um all die Ausflügler kümmern und auch für Absperrungen sorgen. Nach gut fünf Jahren Bauzeit war es dann so weit: Mit der Drehstrommaschine "Dora 2" ging das von Oskar von Miller konzipierte Wasserkraftwerk am 26. Januar 1924 ans Netz. Der 100. Geburtstag wird nun gebührend gefeiert: mit einem Jubiläumsmagazin, mit einem Jubiläumsbuch, mit fünf Vortragen, zwei Tagen der offenen Tür und der vierten Auflage des Musiksommers Walchensee.

"Es ist das Herzstück unseres Portfolios."

Was vor hundert Jahren unter gewaltigen Mühen zwischen Walchensee und Kochelsee entstand, sei "Nachhaltigkeit pur", sagte Klaus Engels, Direktor Wasserkraft Deutschland des Betreibers Uniper, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Vom ersten Tag an erzeugte das Kraftwerk Strom für die Bahn. Und noch immer wird ein Drittel der Produktion von der Deutschen Bahn genutzt. "Man kann sagen, es ist ein Vorreiter der E-Mobilität", meint Engels. Mehr noch: Heutzutage gleicht es die Schwankungen aus, wenn der Strombedarf steigt, die Einspeisungen aus Wind- und Sonnenenergie fallen. Das Walchenseekraftwerk sei ein Jahrhundert nach seinem Bau wichtiger denn je und mache "die Energiewende erst möglich", sagt Engels. "Es ist das Herzstück unseres Portfolios."

Uniper will das Kraftwerkssystem am Walchensee auch über das Jahr 2030 hinaus betreiben, wenn die wasserrechtliche Erlaubnis vom Freistaat neu vergeben wird. Dies bekräftigte Engels noch einmal. "Wir möchten es weiter betreiben, wir möchten weiter investieren, wir möchten weiter ein zuverlässiger Partner sein." Dazu sei man bereit, "große Kompromisse" einzugehen, die rote Linie ziehe man bei der Wirtschaftlichkeit des Betriebs. "Wir sind aber darauf angewiesen, dass die Counterparts auf der Umweltschutzseite ebenfalls kompromissbereit bleiben."

Das Jubiläumsprogramm stellten (von links) Klaus Engels, Direktor Wasserkraft Deutschland bei Uniper, Theodorus Reumschüssel, Pressesprecher von Uniper, und Thomas Eberl, Zweiter Bürgermeister von Kochel, vor. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Den Bau des Kraftwerks bezeichnete Zweiter Bürgermeister Thomas Eberl (UWK) als "weiteren Meilenstein für die Gemeinde Kochel". Andere seien etwa die Errichtung der Kesselbergstraße oder die neue Staatsbahn von Penzberg nach Kochel. Die Koexistenz mit dem Kraftwerk sei "nicht so negativ ausgegangen wie beim Baubeginn 1918 befürchtet". Es habe mehr gute als schlechte Zeiten gegeben, so Eberl. Zu den weniger erfreulichen Phasen gehören für ihn der große Abbau von Arbeitsplätzen im Kraftwerk in den Neunzigerjahren oder auch der Streit über die Rückzahlung von Gewerbesteuern an Uniper vor sieben Jahren. Nichtsdestoweniger, so Eberl: "Die Gemeinde ist stolz, dass sie 100 Jahre ein so bedeutendes Kraftwerk hat, insbesondere heute, wo grüne Energie so gefragt ist."

Zum Jubiläum hat Uniper ein 100 Seiten starkes Magazin herausgebracht. Mit Interviews, mit Reportagen, mit Skizzen und Fotos. "Das ist unsere Liebeserklärung an das Kraftwerk", sagt Theodorus Reumschüssel, Pressesprecher von Uniper. Außerdem ist ein Jubiläumsbuch erschienen. "Das Walchenseekraftwerk - eine Gesamtbetrachtung" heißt das Werk von Helmut Renner. Damit legt er die beiden Bände "Die Baraber vom Walchenseekraftwerk" von Josef Rambeck und die "Baugeschichte des Walchenseekraftwerks" von Peter Schwarz neu auf und ergänzt sie zum Teil.

Oskar von Miller, Tracht und eine Zeitreise unter Wasser

Wer lieber zuhört, als zu lesen, kann an fünf Vorträgen teilnehmen: Über die Arbeit der Versuchsanstalt Obernach referiert Bereichsleiter Arnd Hartlieb vom Oskar-von-Miller-Institut (22. Februar); über "Tracht & Co: Kritische Reflexion bayerischer Traditionen" spricht Alexander Karl Wandinger, Leiter des Zentrums für Trachtengewand vom Bezirk Oberbayern (6. Juni); "Wie der Strom aufs Land kam - Elektrifizierung im ländlichen Oberbayern" lautet das Thema von Jan Borgmann vom Freilichtmuseum Glentleiten (17. Oktober); über Oskar von Miller referiert der Historiker und Archivar Wilhelm Füßl (7. November).

All diese Vorträge sind kostenlos und finden im Info-Zentrum am Walchenseekraftwerk statt. In der Kochler Heimatbühne tritt hingegen der Unterwasserarchäologe Florian Huber auf, der sein Publikum auf eine "Zeitreise unter Wasser: vom Walchensee bis zu den Ozeanen" mitnimmt (2. Mai). Beginn ist jeweils um 18.30 Uhr, Einlass von 17 Uhr an. Es gibt Live-Musik, Abendessen und Getränke. Wegen der begrenzten Plätze wird um Anmeldung gebeten, www.shop-kkk-lenggries.de

Ein weiterer Höhepunkt sind die sieben Open-Air-Konzerte im Musiksommer Walchensee in der Zeit von 23. Juni bis 28. Juli, unter anderen mit den Bananafishbones, Claudia Koreck, dem Duo Wiener Blond und dem Liedermacher Pipo Pollina. Zwei Tage der offenen Tür sind am 5. Mai und 8. September vorgesehen. Außerdem, sagt Pressesprecher Reumschüssel, werde es noch ein paar Überraschungen geben, "wir haben da noch die ein oder andere Idee". Eine verrät er schon: Im Kochler Bahnhof wird eine Ausstellung geben. Thema? "Bahnstrom".

Weitere Informationen unter www.uniper.energy/de/walchenseekraftwerk

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