Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Dienstleister der Demokratie

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Etwa 1000 Wahlhelfer werden zu den Kommunalwahlen am 15. März im Einsatz sein. Was sie neben Zettelwirtschaft und kruden Kandidatennamen erwarten, erzählen vier von ihnen

Von Viktoria Spinrad, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn am 15. März um 18 Uhr die Wahllokale schließen, beginnt für die etwa 1000 Wahlhelfer im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen die harte Arbeit. Zettelhäufchen bilden, ungültige Stimmen aussortieren, weiter sortieren nach panaschierten und kumulierten Stimmen - und das unter dem öffentlichen Druck, so schnell wie möglich fertig zu werden. Und wenn die Zahlen nicht zusammenpassen, muss eben noch einmal gezählt werden. Zwischen 50 und 100 Euro Aufwandsentschädigung erhalten Wahlhelfer in der Region zumeist - es ist vor allem ein Dienst an der Demokratie. Und eine Aufgabe mit so manchen Tücken. Vier Wahlhelfer erzählen.

Der Debütant

Toni Kollmeier. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wenn heuer viele Tölzer ihre Kandidaten vorab per Briefwahl wählen, wird ein paar Tage vor dem Wahlsonntag das Handy von Toni Kollmeier klingeln. Dann wird der 41-Jährige das Wahllokal in der Jahnschule zum ersten Mal nicht nur als Wähler, sondern auch als Wahlhelfer betreten. Auf die Idee gekommen war er, nachdem er sich selbst als Stadtratskandidat für die Grünen aufstellen hat lassen. "Da hieß es, dass noch Wahlhelfer gebraucht werden", sagt er - und entschied sich, auszuhelfen. "Die Wahlen sind schließlich das Wichtigste in der Demokratie", sagt er. Da gibt es bloß diese eine Sache, die ihm in die Quere kommen könnte: Die Kreistagswahl wird erst am Montag ausgezählt - als Leiter eines ambulanten Pflegedienstes müsste er aber eigentlich arbeiten. Doch bekanntlich kennt die Demokratie keine Auszeiten. "Wenn's notwendig ist, werde ich jemanden finden, der für mich einspringt", sagt er. An anderer Stelle hat er wiederum einen strategischen Vorteil: Als Pfleger kennt er sich mit Verwaltungsarbeit aus. "Der Teil kann mich nicht mehr schocken", sagt er.

Der Eingeweihte

Korbinian Harrer. (Foto: Privat)

Bei seiner Premiere als Wahlhelfer wurde Korbinian Harrer gleich ins kalte Wasser geschmissen: Bei den Europawahlen im Sommer 2019 sollte er in Bad Tölz gleich den Schriftführer machen. Besondere Vorkommnisse notieren, die Zahl der Wähler im Blick behalten sowie ungültige Zettel aussortieren: "Eine Mammutaufgabe", sagt der 33-Jährige. Diesmal dürfte ihn nichts so leicht schocken, wenn er am 15. März wieder Kreuzchen zählt. Erfahrenere Wahlhelfer wie er sind gern gesehen, schließlich steht die komplizierteste Wahl Bayerns an - gerade bei der Wahl der Gemeinderäte und Kreistage kann man mit kumulierten und panaschierten Stimmen durcheinander kommen. Trotzdem wird an den meisten Orten noch händisch gezählt, auch in Bad Tölz. "Da wäre schon zu überlegen, ob man die Wahl nicht modernisieren könnte", sagt Harrer. Weil er am Wahlabend der Essenseinladung der Stadt für die Wahlhelfer folgen möchte, wird er wohl seine eigene Wahlparty verpassen - Harrer kandidiert auf Platz 11 der Freien Wähler-Liste für den Stadtrat. Zurzeit schielt er aber noch auf einen ganz anderen Wettstreit: nämlich den freundlichen Wettbewerb zwischen den Wahlteams um das schnellste und dennoch korrekte Auszählen. Beim letzten Mal sei er im "Mittelfeld", gelandet, erzählt der ehemalige Fußballtrainer - aus wettbewerbstechnischer Sicht kann er sich also noch steigern. Im Mittelpunkt steht für ihn aber der große Demokratie-Auftrag: "Unsere Vorfahren haben sich das Wählen hart erkämpft. Und dazu gehört eben auch, dass man den ganzen Apparat unterstützt", so Harrer.

Die Routinierte

Elisabeth Disl. (Foto: Manfred Neubauer)

Elisabeth Disl kennt die Crux mit dem Papier: Drei Wahlen hat die 24-jährige Dietramszellerin bereits hinter sich. Einmal kam es dabei vor, dass zwei Wahlzettel zusammenklebten. "Das liegt am dünnen Papier", weiß sie. Sie weiß auch, dass so oft nachgezählt werden muss, bis die Zahl der Bürger und der Zettel zusammenpassen - "auch wenn man viermal durchzählen muss." Disl war bereits Schriftführerin und Wahlleiterin, sie kennt das System. "Es kontrolliert sich selbst", sagt sie. Um die Wahlhelfer zu entlasten, werden in Dietramszell heuer zum ersten Mal Scanner eingesetzt: "Das wird eine Erleichterung sein", sagt Disl. Nachdem sie bei den vergangenen Jahren als Mitarbeiterin der Verwaltung sozusagen zwangsverpflichtet war, hilft sie dieses Mal als Ehrenamtliche. "Ohne Wahlhelfer würde es keine Wahlen geben", sagt sie.

Der Experte

Helmut Hahn. (Foto: Privat)

Einmal wollte einer "Micky Maus" höchstpersönlich wählen - zumindest schrieb er oder sie diesen Namen auf den Wahlzettel. "Der war dann natürlich ungültig", berichtet Helmut Hahn. Der 57-Jährige ist ein alter Hase in der Geretsrieder Wahlhelfer-Szene: In den vergangenen 20 Jahren hat er in allen möglichen Funktionen im Wahllokal mitgeholfen, ist hier sozusagen die Karriereleiter hinaufgeklettert: vom Helfer zum stellvertretenden Schriftführer zum Schriftführer. Dieser muss das Wählerverzeichnis führen und die Wahlniederschrift ausfüllen. "Das ist ein bisschen wie bei einer Steuererklärung", erklärt Hahn. Heuer macht er zum ersten Mal den stellvertretenden Vorsitzenden. Damit das eigentliche Auszählen Sinn macht, muss er zunächst einmal sichergehen, dass die Zahl der Zettel mit der Anzahl der Wähler übereinstimmt. "Das ist die Grundvoraussetzung", sagt er.

Neben seiner Routine hat er im Geretsrieder Rathaus-Wahllokal auch einen Standortvorteil: "Wenn man die Schnellmeldungen wo mitbekommt, dann dort", so Hahn. Seit seinem Wahlhelfer-Debüt ist die Zahl der Parteilisten stetig gewachsen, was das Auszählen immer aufwendiger macht. Deshalb stellt er sich auf eine lange Nacht im Rathaus ein. "Da könnte es auch 2 Uhr werden", so Hahn. Kreative Wahlvorschläge wie Micky Maus werden dann natürlich wieder rausfliegen.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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