Energiewende:Bad Tölz baut Energiezentrale

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Mit dem ersten Spatenstich hat am Mittwoch der Bau der neuen Wärmeenergiezentrale in Bad Tölz begonnen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Gebäude, das die Stadtwerke für etwa 30 Millionen Euro hinter dem Feuerwehrhaus errichten, bildet das Herzstück des künftigen Nahwärmenetzes. Die Stadt macht sich damit so gut wie unabhängig von fossilen Brennstoffen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Wärmeenergiezentrale (WEZ) gehört zu den wegweisenden Projekten in Bad Tölz. Der Neubau hinter dem Feuerwehrhaus an der Lenggrieser Straße sei "ein ganz großer Schritt" für die künftige Wärmeversorgung der Stadt, sagte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) am Mittwoch beim ersten Spatenstich für das rund 30 Millionen Euro teure Projekt. Klimaschutz, bezahlbare Energie, sichere Versorgung: Unter all diesen Gesichtspunkten befinde man sich mit dem Vorhaben in einer Win-win-Situation. "Das Wärmenetz ist unser neues Gasnetz", beschrieb Stadtwerke-Chef Walter Huber den Abschied von fossilen Energien. Bad Tölz sei damit anderen Kommunen "schon ein bisserl voraus".

Die Stadt hatte allerdings von vornherein einen Vorsprung: Die US-Armee legte auf der Flinthöhe einst ein Fernwärmenetz an, das die Stadtwerke übernehmen konnten. Derzeit gibt es die Heizwerke Lettenholz, Eisstadion, Hallenbad, Hoheneck und Osterleite, hinzu kommen das Isarkraftwerk und die große Solaranlage im Gewerbegebiet Farchet. Mit diesen Inseln sei man gut aufgestellt, stoße aber nunmehr an die Grenzen, sagte Bürgermeister Mehner. Mit der neuen Zentrale würden die Heizwerke verbunden und effektiver gemacht.

Das Heizkraftwerk Lettenholz, das mit Hackschnitzeln betrieben wird, ist eines von fünf in Bad Tölz. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Neubau ist somit das Herzstück des Nahwärmenetzes, das die Stadtwerke zurzeit mit einer ganzen Reihe von Baustellen über Bad Tölz legen. Mit zwei Hackschnitzelkesseln sollen in der WEZ circa 40 Prozent der Wärmeenergie für die angeschlossenen Haushalte erzeugt werden. Falls der Energiebedarf steigt, können kaskadenartig die übrigen Heizwerke zugeschaltet werden. Dies ermöglicht eine flexible Steuerung, je nach Wetter und Sektorenkopplung im Stadtgebiet. Das Nahwärmenetz selbst ist aus geografischen Gründen zweigeteilt: Das obere Netz reicht vom Heizkraftwerk an der General-Patton-Straße bis hinab zum Schulzentrum, das untere von der neuen Energiezentrale über das Kraftwerk Osterleite bis zum Kraftwerk Hoheneck auf Wackersberger Flur.

Die größte Investition der Stadtwerke seit dem Bau des Isarkraftwerks in den Fünfzigerjahren

Die neue Energiezentrale ist mit den Kosten von rund 30 Millionen Euro die größte Investition, die von den Stadtwerken seit dem Bau des Isarkraftwerk in den Fünfzigerjahren gestemmt wird. Dafür wurden etwa 40 Prozent Fördermittel vom Bund für Netzausbau, Gebäude und regenerative Anlagentechnik beantragt. Bis zum Spatenstich habe man einen langen Weg zurückgelegt, erklärt Andreas Rösch, Projektleiter bei den Stadtwerken. Die ersten Überlegungen für eine nachhaltige Wärmeversorgung reichten ins Jahr 2014 zurück. "Es galt, ein passendes Gesamtkonzept für eine nachhaltige und regenerative Wärmeversorgung für große Teile des Stadtgebiets zu entwickeln", erzählt er. Die neue Zentrale gewährleiste langfristig eine möglichst CO₂-neutrale Versorgung mit Wärme und stütze zugleich das Stromnetz.

Komponenten dafür sind die Kraft-Wärme-Kopplung, sprich: das gleichzeitige Erzeugen von Wärme und Strom, und die Wärme aus regionalen Hackschnitzeln in der kalten Jahreszeit. Vor allem aber die Power-to-Heat-Anlage: Überschüssiger Strom aus regenerativen Energieanlagen wie dem Wasserkraftwerk oder dem Solarpark wird in der Zentrale in Wärme umgewandelt, in einem großen Speicher gesichert und über Tage hinweg dann ins Nahwärmenetz abgegeben.

Die Tölzer Stadtwerke bauen das Nahwärmenetz aus. Die Baustelle an der Lenggrieser Straße war auch wegen der neuen Wärmeenergiezentrale nötig. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Was den Strom anbelangt, sei Bad Tölz schon bei 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, sagte Mehner. "Bei der Wärme haben wir in ganz Deutschland, in ganz Bayern und im ganzen Landkreis einen Nachholbedarf." In Tölz gebe es zwar bereits Nahwärme, allerdings reichten die Insellösungen nicht mehr aus. "Wir verzeichnen eine sprunghaft gestiegene Nachfrage in der Bevölkerung." Ein maßgeblicher Grund dafür sind auch die Kosten für Nahwärme, die langfristig konstanter ausfallen dürften als bei fossilen, energiemarktabhängigen Brennstoffen.

"Es ist schön, dass ich diesen Moment erleben darf", sagt der scheidende Stadtwerke-Chef

"Es ist schön, dass ich diesen Moment erleben darf", sagte Geschäftsführer Walter Huber, der die Tölzer Stadtwerke Ende Juni verlassen wird. Bad Tölz sei nun "zum allergrößten Teil weg von fossiler Energie". Auf das Ziel, die Energiewende bis zum Jahr 2035 zu erreichen, verwies Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne). Mit der WEZ rücke dies wieder ein Stück näher. Wärme und Verkehr seien für die Energiewende die eigentlichen Aufgaben, wo man noch "den größten Entwicklungsbedarf" habe, so Koch. Dies sei in der Realität spürbar, beispielsweise durch die täglichen Staus in Bad Tölz. Die Energiewende werde jetzt greifbar, die nötigen Änderungen sollte man "mit Fröhlichkeit ertragen", meinte Koch. Der Bau der Wärmeenergiezentrale soll im Übrigen nicht allzu lange dauern. Den ersten Hackschnitzelkessel wollen die Tölzer Stadtwerke schon Ende dieses Jahres in Betrieb nehmen.

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