Verhandlung vor dem Amtsgericht:Liebesschwüre bis unter die Haut

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Ein 20-jähriger stellt einer Frau nach, ritzt sich sogar ihren Vornamen in den Unterarm. Jetzt wird der Mann verurteilt.

Im Liebesrausch hat ein heute 20-jähriger Mann aus dem Landkreis ein Mädchen bedrängt. Er stellte ihr im öffentlichen Linienbus und auf Ortsfesten nach. Er entdeckte ihr Konto auf dem sozialen Foto-Netzwerk Instagram und sendete ihr unzählige Kontaktanfragen. Und er ging noch weiter: In den Unterarm ritzte er sich den Vornamen des Mädchens - und zog eine brennende Zigarette über den blutigen Schriftzug, um es noch lesbarer zu machen. Das Bild schickte der Mann der jungen Frau ebenfalls auf Instagram.

Dieses Verhalten war für das Mädchen nach einem Jahr der Nachstellungen endgültig zu viel. Sie traute sich vor Angst kaum noch aus dem Haus. Sie zeigte den Mann an. Zur Verhandlung vor dem Wolfratshauser Amtsgericht am Dienstag kam die Frau nicht. Der Angeklagte räumte sämtliche Vorwürfe ein. Als Heranwachsender wurde er nach Jugendstrafrecht zu 64 Sozialstunden verurteilt.

Jetzt konnte der junge Mann sein Verhalten selbst nicht mehr erklären. "Ich habe mich in das Mädchen verliebt", sagte er. "Ich wollte sie immer sehen und ihr keinen Schaden zufügen." Es sei dumm gewesen, dass er sich ihren Vornamen in den Unterarm geritzt habe, schilderte er.

Die Nachstellungen hatten im Februar 2017 begonnen. Im Linienbus fuhr die damalige Schülerin immer dieselbe Strecke. Dort sah sie der Angeklagte, verliebte sich in sie, sprach sie aber nicht an. Mehrere Monate beobachtete er sie nur. Im Bus setzte er sich, wenn es möglich war, auf den Sitz direkt hinter ihr. Er recherchierte im Internet und stieß auf das Profilbild der jungen Frau auf Instagram. Auf dem Foto-Netzwerk legte er sechs verschiedene Accounts an. Über diese schickte er der Frau zahlreiche Nachrichten. Doch das Mädchen blockte sämtliche Versuche ab, ihm Zugriff auf ihr anonymisiertes Konto zu gewähren.

Damit wollte sich der Angeklagte nicht zufrieden geben. Auf einem Fest bat er Freunde, die Frau anzusprechen. Sie sollten fragen, ob sie mit ihm reden wolle. Als sie das ablehnte, ließ er noch nicht locker. Auf einem weiteren Fest direkt am nächsten Tag verfolgte er sie persönlich.

Aus Angst traute sich die junge Frau kaum noch aus dem Haus zu gehen. Von ihren Eltern ließ sie sich frühmorgens mit dem Auto in eine andere Kommune fahren, um so unbelästigt in die Schule zu kommen. Auf der Rückfahrt musste sie stets eine Freundin begleiten. Die Frau stieg sogar extra an einer anderen Station aus und ließ sich durch ihre Mutter abholen. Veranstaltungen im Ort mied sie. Doch der Schrecken hielt an: Der Angeklagte drangsalierte sie weiter mit Nachrichten, schrieb, dass er sie vermisse und sehen müsse - bis er sich ihren Vornamen in den Unterarm ritzte und ihr das Foto schickte.

Inzwischen habe der junge Mann verstanden, dass sein Verhalten unakzeptabel sei, berichtete der Jugendgerichtshelfer. Der Angeklagte habe den ersten Liebeskummer erlebt. Der Mann habe noch keine Ausbildung und sollte nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. 64 Sozialstunden seien als Strafe angemessen, plädierte der Jugendgerichtshelfer. Zudem sollte ihm im Wiederholungsfall Arrest angedroht werden. Dieser Argumentation schlossen sich die Staatsanwältin und der Jugendstrafrichter an. Es sei außergewöhnlich, wie der Angeklagte vorgegangen sei, sagte Richter Urs Wäckerlin. Für jeden, der keine Freundin habe, sei es vollkommen normal sich umzusehen. "Es kann Ihnen aber jederzeit passieren, dass Ihnen eine Frau einen Korb gibt", mahnte er. "Dann geht halt nichts."

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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