Universal Massage Championship:Ziehen, dehnen, kneten

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Kanthakan Phelan massiert Daranee Namsui bei der Universal Massage Championship in der Stadthalle Penzberg. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadthalle Penzberg hat schon so manche Veranstaltung gesehen, so etwas aber wahrscheinlich noch nicht: Für ein Wochenende verwandelt sie sich in ein internationales Massage-Studio.

Von Hannah Mosbach, Penzberg

Kanthakan Phelan aus Irland drückt ihr Knie in den Rücken der unter ihr liegenden Frau, kurz darauf zieht sie auch noch deren Arme zu sich heran - wodurch sich der Oberkörper der Frau in einem ungewohnten Winkel biegt.

Auch um die beiden Frauen herum wird gedehnt und gestrichen, an Gliedmaßen gezogen, mit Füßen und Ellbogen gedrückt. In der Stadthalle Penzberg findet gerade die Universal Massage Championship (UMC) statt. Ein ganzes Wochenende lang werden hier die besten Masseurinnen und Masseure gesucht und in acht Kategorien bewertet. Die Teilnehmer sind aus allen Teilen der Welt angereist, sie kommen unter anderem aus Deutschland und der Schweiz, aber auch aus Italien, dem Vereinigten Königreich, den USA, Irland, Israel und Thailand.

Die Stadthalle hat sich binnen kurzer Zeit in ein riesiges Massage-Studio verwandelt. Auf insgesamt zwölf Liegen werden hier Massagetechniken in acht verschiedenen Kategorien vorgeführt. (Foto: Manfred Neubauer)

Obwohl der Wettbewerb verschiedene Massagetechniken bewertet, trifft man hier vor allem auf Thais. Auch die Dekoration - prächtige Blumengestecke aus Ringelblumen und Bananenblättern - und ein Elefant auf den Veranstaltungsplakaten deuten darauf. Die Teilnehmer sind meist nicht alleine angereist, sondern haben Unterstützung mitgebracht: Viele tragen gleiche T-Shirts und sind als eine Art Team erkennbar. An den Rändern der Halle stehen viele Taschen, die ein oder andere Teilnehmerin lässt sich noch die Haare hochstecken. In der Stadthalle sieht es plötzlich aus, wie es auch bei einer Art Miss-Wahl in einem amerikanischen Bundesstaat aussehen könnte.

In der ganzen Halle sind aufwendige Blumengestecke verteilt und verleihen ihr ein thailändisches Flair. (Foto: Manfred Neubauer)

Für die Teilnehmer geht es vor allem um Spaß und den gemeinsamen Austausch

Je nach Kategorie, in der sie antreten, haben die Teilnehmer verschiedenes Equipment mitgebracht. Auf kleinen Stövchen erwärmen Begleiter weiße, mit Öl getränkte Stoffsäckchen. Eine der Teilnehmerinnen hat Kopfhörer auf und sitzt an der Wand, sie wippt leicht vor und zurück. Für viele ist es der erste Wettbewerb - und dann mit rund 50 Teilnehmern am ersten Tag nicht einmal ein kleiner. Gewinnen kann man an diesem Wochenende Pokale und Medaillen - laut Moonie Harris, die Phelan und einige weitere Teilnehmerinnen unterstützend begleitet, gehe es bei der Veranstaltung aber vor allem um Spaß und den gemeinsamen Austausch.

Zu gewinnen gibt es Pokale und Medaillen, aber auch Tipps und Tricks von anderen Teilnehmern. (Foto: Manfred Neubauer)

Nach Eröffnungsreden der World Massage Federation (WMF) und den Veranstaltern - dem ESV Penzberg und der mehrfachen Championship-Gewinnerin Bunyanut Weg, die in Penzberg ein Thaimassage-Studio betreibt und den Wettbewerb in die Stadt geholt hat -, werden noch Fotos gemacht. Energetische Musik tönt in Festival-Lautstärke - gleich geht es los.

Der Geruch von Aroma- und Massageölen erfüllt mittlerweile die ganze Halle. Die Teilnehmer bereiten ihre Liegen mit eigens mitgebrachten Tüchern vor, die Testpersonen liegen schon einmal Probe. Als um 11.18 Uhr der Wettbewerb beginnt, ist die anfängliche Nervosität vieler Teilnehmer einer kollektiven Konzentration gewichen, die Gespräche auf Thai und Englisch sind merklich leiser geworden.

Die Masseure setzen ihren ganzen Körper ein, um Verspannungen zu lösen

Barfuß oder auf Socken führen die Masseure in der Kategorie Asian Eastern ihre eigenen Routinen vor. Die Massierten liegen mit dem Kopf nach unten flach auf dem Bauch und lassen die Verrenkungen um sich herum geschehen. Fast sieht es aus, wie eine Art Tanz. Gelenkig und gleichzeitig anmutig lehnen sich die Masseure in die Dehnungen hinein oder steigen leichtfüßig auf die Rücken ihrer Vorführpartner. Sie setzen ihren ganzen Körper ein, um Verspannungen zu lösen, eine solche Massage wird dadurch zu einer intimen Angelegenheit. Phelan, deren kunstvoll an der Schläfe drapierte Haarkringel immer noch perfekt an Ort und Stelle sitzen, erzählt, dass ihr das am meisten Freude bereite: Jemand anderem mit ihrer Arbeit etwas Gutes zu tun und Entspannung zu bieten. Manch einer nimmt nun auch die selbst mitgebrachten Hilfsmittel zur Hand, die warmen Öl-Beutel etwa oder strukturierte Holzstäbchen.

Beim Massieren wird der ganze Körper eingesetzt: Dimitris Kalaitzoglou massiert den Nacken von Daranee Namsui. (Foto: Manfred Neubauer)

Neben der Asian-Eastern-Massage treten die Teilnehmenden unter anderem noch in den Kategorien Thai, Freestyle, Wellness oder Sport an. Auf einer großen Leinwand, unter der eine Bühne aufgebaut ist und die Jury ihre Tische hat, wird ein Countdown eingeblendet, 30 Minuten wird massiert. Die internationale Jury, die insgesamt aus 25 Massage-Profis besteht, geht herum und schaut den Teilnehmern genau auf die Finger beziehungsweise Hände, Arme und Füße - schließlich wird auch damit massiert. Die Wertung erfolgt hauptsächlich nach vier großen Kriterien, erklärt Bojan Miric, der selbst seit 19 Jahren Physio-Therapeut und an diesem Wochenende Juror ist: der Ergonomie, den angewandten Techniken, dem sogenannten Flow - also wie gut die Techniken ineinandergreifen und -übergehen und ob eine stimmige, gesamtheitliche Massage gezeigt wird - sowie der Innovation, also dem Einfallsreichtum und der Kreativität der Teilnehmer.

Die internationale Jury bewertet die gezeigten Massagen vor allem nach Ergonomie, Technik, Flow und Innovation. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Massage-Szene wächst - unter anderem aufgrund ihrer Enttabuisierung

Dass so viele Teilnehmer aus unterschiedlichen Nationen gekommen sind, wundert Miric nicht: In den letzten Jahren habe es eine regelrechte Enttabuisierung von Massagen gegeben. Auch in Ländern, in denen diese aufgrund der starken Körperlichkeit bislang wenig kommerziell praktiziert wurden, wachse die Branche mittlerweile stetig. Die Begleiter aus Thailand, wo insbesondere die Thai-Massage lange Tradition hat, filmen die Masseure, nicht wenige streamen sogar live.

Neben den Massagen werden am Samstag auch noch traditionelle thailändische Tänze aufgeführt, am Sonntag werden dann die Gewinner in den jeweiligen Kategorien gekürt. Unter allen Siegern werden am Ende noch je eine Teilnehmerin und ein Teilnehmer ausgewählt, die ein sogenanntes goldenes Ticket für die M1 bekommen, ein weiterer großer internationaler Wettbewerb in Athen, der im November stattfindet. Der wohl wichtigste Wettbewerb findet jedoch erst im nächsten Jahr wieder statt, traditionell in Dänemark.

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