Am Untermarkt 10:Ins Museum und auf ein Tässchen Kaffee

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Die Kunsthistorikerin Annekatrin Schulz erläutert die Station im Museum, an welcher der Verlauf der Loisach gezeigt wird. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wolfratshausen hofft auf eine Belebung der Innenstadt. Das komplett neu gestaltete Museum steht kurz vor seiner Wiedereröffnung im Oktober. Gleichzeitig richtet im Erdgeschoss Kaffeerösterin Julia Heilig-Krauledat einen Laden ein.

Von Felicitas Amler und Anna Ludwig, Wolfratshausen

Das Wolfratshauser Museum könnte nicht nur wegen seiner inhaltlichen und optischen Neuausrichtung zu einer Attraktion im Herzen der Altstadt werden. In den Räumen am Untermarkt 10 wird außerdem von Oktober an ein vermutlich zugkräftiges Geschäft eröffnen: das Velvet Kaffeehaus, das sich bereits seit drei Jahren in Gauting etabliert hat. Inhaberin Julia Heilig-Krauledat bietet frisch gerösteten Kaffee, mahlt ihn auf Wunsch auch an Ort und Stelle und hat Espresso- und Filtermaschinen samt Zubehör im Sortiment. An einer Bartheke können Kundinnen und Kunden die Produkte probieren oder von dort einen Becher Kaffee mitnehmen. Dass nur wenige Meter von ihrem Kaffeehaus entfernt in Kürze das Rathauscafé wiedereröffnet, hält die 45-jährige Geschäftsfrau ganz und gar nicht für eine Konkurrenzsituation. Im Gegenteil, so sagt sie: "Alles, was die Leute im Ort verweilen lässt, ist immer gut."

Das Museum Wolfratshausen hat seinen Sitz im Untermarkt 10. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch fürs Verweilen im Stadtmuseum gibt es in Zukunft gute Gründe. Das Haus, das früher eher ein Schattendasein führte, wird umfassend überarbeitet und neu ausgestattet. Filmrequisiten, spannende Interviews, detailgetreue Modelle der Stadt, meterlange Wandbilder und interaktive Stationen gehören dazu. Seit knapp zweieinhalb Jahren arbeitet ein Team an dem denkmalgeschützten Gebäude. Von der Flößerei bis zur Kult-Serie "Hubert und/ohne Staller" reicht das inhaltliche Spektrum. Zahlreiche Neuerungen sind bereits vollendet. Kunsthistorikerin Annekatrin Schulz, die das Haus führt, und Stefan Werner, Leiter des Stadtmarketings, geben einen Einblick.

Der Außenbereich wird als kleiner Platz zum Verweilen gestaltet. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch der Außenbereich vor dem Museum wird komplett neu und mit mehr Aufenthaltsqualität gestaltet. Früher waren vor dem Gebäude ausschließlich Parkplätze, jetzt gibt es dort Fahrradständer, eine Grünfläche, eine Sitzbank und einen Brunnen, an dem durchreisende Touristen ihre Trinkflaschen auffüllen können. Der Gedenkstein für den Dichter Ernst Wiechert, der von 1936 bis 1948 in Wolfratshausen lebte, steht inmitten des neu geschaffenen Platzes. Rundherum besteht die Möglichkeit, Stehtische für einen Empfang aufzustellen, wenn im Museum eine Veranstaltung ist. Denn das Gelände soll als Entree zum Museum dienen und auch ein Ort der Begegnung werden. Innen setzt sich dieses Prinzip fort.

Der Gedenkstein erinnert an den Dichter Ernst Wiechert. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Erdgeschoss plant das Museum eine Ausstellung des Wolfratshauser Landschaftskünstlers Felix Bockhorni (1801-1878). Familie Wallner, Nachfahren des Malers, überließ der Stadt diverse Werke. Das Wallner-Bockhorni-Kabinett, wie der Saal heißen wird, können Privatleute oder Vereine für Tagungen, musikalische Auftritte oder private Events wie Hochzeiten verwenden.

"Die Ausstellung soll für alle sein", sagt Annekatrin Schulz. Ein pädagogisches Programm und Mitmachangebote richten sich an Jung und Alt. An kleinen Aktivstationen haben die Besucher die Möglichkeit, Wolfratshausen mit allen Sinnen zu erfahren. "Wir haben stark auf die Barrierefreiheit geachtet", fügt Schulz hinzu. In einem modernen Glasanbau bringt der neue Fahrstuhl Besucherinnen und Besucher in den ersten Stock. Neben dem Aufzug gibt es am Haupteingang eine Rampe. Und Schilder sind in Blindenschriften Braille und Pyramidenschrift beschrieben.

"Wir haben versucht, so wenig wie möglich zu verändern", erklärt Stefan Werner. Das denkmalgeschützte Gebäude bleibe erhalten, gleichzeitig werde Modernes integriert. Der Stadtmarketing-Experte freut sich auch über das Kaffeehaus, das am Untermarkt 10 einzieht. "Wir schaffen hier einen Begegnungsort. Die Stadt braucht so etwas", sagt Werner. Fichtenholzverkleidung und der bei Fans berühmte Kaffeeautomat aus "Hubert und/ohne Staller", welcher anders als in der Serie auch funktionieren soll, schmücken künftig das Tourismuszentrum im Erdgeschoss.

"Es ist uns wichtig, dass wir ein lebendiges Gebäude erschaffen, mit dem sich viele identifizieren können", sagt Werner. "Wir wollen die Leute mit dem Museum in Kontakt bringen." Je mehr Bürgerinnen und Bürger mithelfen, desto mehr können sie sich mit dem Museum identifizieren. Lokale Flößereibetriebe helfen beispielsweise bei der authentischen Visualisierung der Räume. Sie beraten das Museum beim Bau des maßstabsgetreuen Floßes, welches einen Teil des Bodens im Obergeschoss ersetzen soll.

Ein weiteres Highlight ist der 15 Meter lange Zeitstrahl, der die vergangenen tausend Jahre der Stadt widerspiegelt und noch reichlich Platz für die weitere Entwicklung lässt. An einer anderen Stelle ist der Verlauf der Loisach vom Kochelsee bis zur Mündung in die Isar gezeichnet. Eine Lupenansicht soll Betrachtern die Strecke durch Wolfratshausen näher bringen.

Vor oder nach dem Museumsbesuch hat das Publikum künftig die Wahl: nach links ins Velvet Kaffeehaus oder nach rechts ins Rathauscafé? Velvet-Betreiberin Julia Heilig-Krauledat lockt schon mal mit ihrer Erfahrung: "Mit Kaffee kenne ich mich sehr gut aus", sagt sie und verweist lachend darauf, dass sie "halb Preußin und halb Perserin" sei. Mit Kaffee, so sagt sie, wüssten Araber jedenfalls bestens umzugehen: "Jede Familie röstet dort selbst."

Warum es sie geschäftlich in die Loisachstadt gezogen hat, erklärt Heilig-Krauledat so: Sie wohne in der Umgebung, gehe oft in Wolfratshausen spazieren und habe in dem lange leerstehenden Laden am Untermarkt 10 "meine Chance gesehen". Wenn mit der Einrichtung nun alles wie geplant läuft, kann sie im Oktober eröffnen.

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