Musik-Programm in der Klosterkirche:Klangkunst mit Freiheiten

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Auch in diesem Jahr versprechen die Veranstalter der Schäftlarner Konzerte ein hörenswertes Programm: Susanne Rieder (Vorsitzende des Förderkreises), Anja Brandstäter (Kulturwirtin) und Chef-Organisator Michael Forster (von links). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei den fünf Schäftlarner Konzerten können die Gäste auch in diesem Jahr von Mai bis Oktober renommierte Virtuosen erleben, die sich großen Werken widmen - und so manche Überraschung.

Von Friedrich-Karl Bruhns, Schäftlarn

Nicht einmal Michael Forster, der künstlerische Leiter und Dirigent, kennt bislang das genaue Programm des Juli-Konzerts, wie immer in der Klosterkirche. Sein "Orchester der Schäftlarner Konzerte" besteht fast durchweg aus Instrumentalisten aller Couleur der großen Münchner Orchester, nicht zuletzt von der Bayerischen Staatsoper. Dieses dritte von fünf Konzerten in der 1968 gegründeten Konzertreihe fällt wie jedes Jahr ein wenig aus dem Rahmen: Weil eben ein Teil der Musikerinnen und Musiker im Sommer vor den Ferien bei den Opernfestspielen gebunden ist, lädt Forster dann gern unterschiedlichste Gäste von außen ein und riskiert immer wieder Außergewöhnliches. Das Barockensemble Colcanto spielt auf historischen Instrumenten. Mit seinem Leiter (und Gründer) Bernhard Prammer am Cembalo kommt es ohne den sonst unentbehrlichen Forster auf dem Podium aus, der den Musikern nach langer Freundschaft völlig vertraut und ihnen daher bedenkenlos Freiheit bei der Programmwahl lässt. Sie reisen mit dem Altus (Countertenor) Franz Vitzthum an, der ebenfalls nicht zum ersten Mal nach Schäftlarn kommt. Rechtzeitig vor dem Konzert "Historisch!" am 6. Juli werden die Details dazu auf der Website stehen.

Auch die anderen vier Konzerte machen richtig Lust. Am 4. Mai beginnt die Saison mit dem Brandenburgischen Konzert Nr. 3 von Johann Sebastian Bach. Eine extrem kurze Überleitung von wenigen Akkorden verbindet den ersten mit dem schmissigen letzten Satz, einem regelrechten Ohrwurm zum Saisonauftakt. Im Zentrum des Abends steht das Oboenkonzert von Richard Strauss, geschrieben unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auf Anregung eines amerikanischen GI, der im Zivilberuf Oboe spielte. Der Staatsopern-Oboist Giorgi Gvantseladse übernimmt den virtuosen Solopart. Mit einem Publikumsliebling, der spritzigen Sinfonie Nr. 88 von Joseph Haydn, klingt das Konzert aus. Vielleicht sogar, wie von ihm vorgesehen, mit Cembalo?

Honegger, Schubert und Bottesini

Besonderes steht gleich am Beginn des zweiten Konzerts am 8. Juni, die selten aufgeführte "Pastorale d'été" des Schweizers Arthur Honegger. Er malt in dem Sinfonischen Gedicht von 1920 einen Sommermorgen auf den Höhen über dem noch lang im Schatten liegenden Tal, eine wundervoll idyllische Impression. Der folgt Haydns aparte "Concertante" für Oboe, Fagott, Violine und Violoncello mit Orchester. Viele der Honegger'schen zarten Farben tauchen schon hier auf, wenn auch in deutlich früherem Klanggewand. Das letzte Stück, Franz Schuberts jugendlich-frische zweite Sinfonie aus den Jahren 1814/15, hat er selbst nie gehört. Sie wurde erst mehr als 60 Jahre später uraufgeführt, fast 50 Jahre nach seinem Tod.

Eine weitere Rarität bietet Schäftlarn nach der Sommerpause. Giovanni Bottesini ist vielleicht einigen noch kein Begriff, obwohl er als "Paganini des Kontrabasses" gilt. Am 21. September gibt es mit seiner "Passione Amorosa" ein Konzertstück mit gleich zwei Solo-Kontrabässen. Auch hier weiß Michael Forster noch nicht so genau, wie die Partituren im Detail aussehen, die von den Staatsopern-Solisten Florian Gmelin und Alexandra Hengstebeck gestellt werden. Gerade bei Bottesini, sagt er, "gibt es die unmöglichsten Ausgaben." Es wird also nicht nur fürs Publikum aufregend. Bei der vorangehenden "Prager Sinfonie" Nr. 31 von Mozart, einer seiner letzten dreisätzigen, und der abschließenden Schubert-Sinfonie dürften aber gröbere Überraschungen eher nicht vorkommen.

Kontrabassist Florian Gmelin, hier bei einem Konzert in Schäftlarn 2019, tritt am 21. September mit seiner Kollegin Alexandra Hengestebeck auf. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Am Ende bleibt Beethoven" ist der Titel des letzten Konzerts am 12. Oktober, er stimmt fast wörtlich. Nachdem in den Jahren zuvor die hinreißende Sarah Christian die vier "großen" Violinkonzerte von W. A. Mozart mit Bravour gespielt hatte, schrieb Forster 2023: "Wir werden uns unbedingt wieder etwas für sie einfallen lassen, denn die Schäftlarner lieben Sarah. Völlig zu Recht." Eingefallen ist den beiden: das Violinkonzert von Beethoven, ein absoluter Höhepunkt der Violinliteratur. Der endgültige Rausschmeißer ist danach die "Linzer" (Nr. 36) von Wolfgang Amadé Mozart, die Forster als "prachtvoll freudige Sinfonie" bezeichnet. Lediglich vier Tage hat der Komponist daran gearbeitet.

Ohne den musikbesessenen Abt ginge es gar nicht

Der Erfolg der Konzertreihe ruht auf vielen Schultern. Außer dem veranstaltenden Verein ist der Förderkreis um Susanne Rieder mit mehr als 100 Mitgliedern und Sponsoren und sehr vielen Helfern jeder Art - die hier ungenannt bleiben müssen - für den künstlerischen Leiter äußerst wichtig. Und ohne die liebevolle Unterstützung durch das Kloster und den musikbesessenen Abt Petrus Höhensteiger ginge es gar nicht. Finanziell stehen die Konzerte stabil da. Bei einer Abonnentenquote von fast 50 Prozent (bei circa 500 Sitzplätzen) fließt deutlich über die Hälfte des Budgets aus den Konzerteinnahmen: vier der fünf Konzerte waren 2023 ausgebucht. Trotzdem musste niemand an der Abendkasse abgewiesen werden - um alle kümmern sich die Helfer des Abends mit rührend persönlichem Engagement. Der Förderkreis organisiert und trägt auch den für Konzertbesucher kostenlosen Bustransfer zwischen S-Bahnhof Hohenschäftlarn und dem Kloster.

Und Michael Forster genießt noch einen besonderen Luxus: Spezielle Wünsche für Besetzung oder bestimmte Instrumente hat der Förderkreis meistens erfüllen können. So gewinnt er für die Planung ein Maß an künstlerischer Freiheit, wie es im Konzertbetrieb selten geworden ist.

Konzerte: 4. Mai; 8. Juni; 6. Juli ; 21. September; 12. Oktober in der Klosterkirche Schäftlarn. Beginn: jeweils 19 Uhr, Abendkasse ab 18 Uhr, Einlass: 18.30 Uhr.

https://schaeftlarner-konzerte.de/programm/spielplan.html

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