Prozess:Schmerzhafte Radltour

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Die Kreisstadt am Fluss ist bei Touristen beliebt. Die Isarbrücke (vorne im Bild) verbindet die Altstadt mit der Marktstraße (li.) und dem Badeteil. (Foto: Manfred Neubauer)

Auf der Isarbrücke in Bad Tölz stürzt ein siebenjähriger Bub vom Rad. Ein Mann soll ihn auf den Rücken geschlagen haben und wird von den Eltern angezeigt. Vor Gericht streitet der Angeklagte aber alles ab.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Die 43-jährige Mutter aus Schwabmünchen machte eine ausholende Armbewegung. "Für mich war das ein Schlag auf den Rücken meines Sohnes", schilderte sie am Dienstag im Sitzungssaal des Wolfratshauser Amtsgerichts. Mit der Geste wollte sie zeigen, wie ein 24-Jähriger ihren siebenjährigen Sohn vom Fahrrad geschlagen haben soll.

Im Juni hatte die fünfköpfige Familie in Bad Tölz drei Tage Urlaub gemacht. Am letzten Tag unternahm sie eine Fahrradtour. Als der Bub auf der Isarbrücke an dem jungen Mann vorbeiradelte, soll die Attacke geschehen sein. Das Kind stürzte und zog sich Schürfwunden zu. Die Mutter zeigte den Mann an. Jetzt saß er wegen vorsätzlicher Körperverletzung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr auf der Anklagebank. Der Mann stritt den Vorwurf ab. Warum es zum Schlag gekommen sein soll, blieb offen. Die Verhandlung wird mit weiteren Zeugen fortgesetzt.

"Ich habe ihn gefragt, was ihm einfällt, meinen Sohn vom Fahrrad zu schubsen"

Der Bub war mittags am Gehweg auf der Isarbrücke Richtung Marktstraße ein Stück vor seiner Familie geradelt. Ihm folgten dessen Mutter samt Tochter, weiter hinten noch der Vater mit dem Jüngsten der Familie. Zu derselben Zeit machten der Angeklagte und ein Bekannter offenbar Fotos auf der Brücke. Nach Darstellung der Mutter geriet ihr Sohn nach der Ausholbewegung mit der Arm ins Schlingern. Er stürzte mit dem Rad und schürfte sich das Schienbein auf. "Ich habe sofort Gas gegeben und habe den Mann gefragt, was ihm einfällt, meinen Sohn vom Fahrrad zu schubsen", berichtete die Mutter.

Durch dessen Verhalten fühlte sie sich provoziert. Der Angeklagte habe sich ganz nah vor ihr aufgebaut. "Was willst Du, was willst Du, hat er gesagt, sein Bekannter wiederholte, tut mir leid." Doch der Angeklagte habe alles abgestritten und sich nicht entschuldigt. Hätte er das getan, hätte sie ihn weder angezeigt, noch die Polizei alarmiert, räumte die Frau ein.

Als sie auf die Polizei warteten, habe der Mann versucht zweimal abzuhauen. Beide Male sei ihr Ehemann mit dem Fahrrad hinter ihm hergefahren und habe ihn zurückgeholt. Der Bekannte sei verschwunden.

Er will seinen Freund als Zeugen, doch von dem ist nur der Vorname bekannt

Die Isarbrücke war damals belebt. Einer der alarmierten Polizisten berichtete von vielen Passanten und Autos. "Das Kind hing die ganze Zeit an der Mutter dran, wirkte eingeschüchtert", sagte er. Zusätzlich zu den Schürfwunden sei der Rücken des Buben leicht gerötet gewesen. Das passe zu einem Schlag. Der Angeklagte habe alles abgestritten. "Er hat unglaublich gelächelt und kein Bedauern gezeigt."

Einer Schuld war sich der Angeklagte nicht bewusst. "Der Vorwurf trifft nicht zu", stritt er ab. Er habe mit seinem Freund auf der Brücke fotografieren wollen. Die Familie sei mit Rädern auf dem Gehweg gefahren. "Auf einmal hat die Mutter geschrien, Du hast das Kind geschlagen."

Zum Beweis seiner Unschuld bestand der Angeklagte darauf, seinen Freund als Zeugen vor Gericht zu laden. Von dem ist aber nur der Vorname bekannt, was die Suche schwierig macht. Der Angeklagte soll den Freund zu einem Fortsetzungstermin Ende November mitbringen. Auch der gestürzte Bub wird verhört. Weil das nötig ist, mahnte Richter Urs Wäckerlin. "Wenn Sie verurteilt werden, wird sich das in der Strafzumessung niederschlagen."

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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