Fehlende Einnahmen, steigende Kosten:Christkönig rüstet sich für die Zukunft

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Wie kann sich die Pfarrgemeinde Christkönig für die Zukunft rüsten? Eine Antwort soll ein Pilotprojekt liefern, das die Penzberger in Zusammenarbeit mit der Diözese Augsburg ins Leben gerufen haben. (Foto: Manfred Neubauer)

Wie andernorts in Deutschland auch treten immer mehr Katholiken in Penzberg aus der Kirche aus. Die Pfarrgemeinde startet daher ein Pilotprojekt im Bistum Augsburg, das sowohl die Seelsorge als auch die Nutzung der Immobilien betrachtet.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Austrittszahlen belegen es deutlich: Im Jahr 2022 verließen nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz 522 821 Katholikinnen und Katholiken ihre Kirche. Ein Trend, der auch vor der Pfarrgemeinde Christkönig in Penzberg nicht Halt macht. Seit 2015 verlor sie 1400 Mitglieder. Es muss sich etwas ändern, dessen sind sich Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat bewusst. Mit der Diözese Augsburg hat die Pfarrei nun ein Pilotprojekt ins Leben gerufen. Gemeinsam mit ihren Mitgliedern möchte die Pfarrgemeinde ein Konzept entwickeln, wie sie sich künftig aufstellt. Das betrifft sowohl die Seelsorge als auch die Immobilien in kirchlichem Besitz. Denn ob noch zwei große Gotteshäuser in Penzberg gebraucht werden, steht unter anderem zur Disposition.

Der Penzberger Stadtpfarrer Bernhard Holz hofft auf einen offenen und sachlichen Dialog. (Foto: Manfred Neubauer)

Pfarreimitglieder sollen eingebunden werden

Größtmögliche Offenheit und Transparenz möchte Stadtpfarrer Bernhard Holz in dem bevorstehenden Prozess walten lassen. Daher hatte die Pfarrei zu einer Versammlung in die Penzberger Stadthalle eingeladen. Rund 120 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um sich zu informieren und einzubringen. "Wie auch die Gesellschaft insgesamt leben wir in einer krisenhaften Zeit: nicht nur durch die Pandemie, die kriegsbedingten Verwerfungen auf dem Energiesektor, sondern auch anhaltend hohe Kirchenaustrittszahlen und eine deutlich spürbare Unzufriedenheit mit der Situation der Kirche insgesamt machen auch uns als Pfarrgemeinde zu schaffen", sagte Pfarrer Holz eingangs. Die Austritte hätten zur Folge, "dass künftig unsere finanziellen Mittel nicht mehr wie in bisherigem Umfang zur Verfügung stehen werden". Das habe Auswirkungen auf das Pfarreileben in Penzberg, betonte er. Vor Monaten hätten deshalb Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat begonnen, sich Gedanken über die Zukunft der Pfarrei Christkönig zu machen.

Unterstützung erhält die Pfarrgemeinde Christkönig von Ruth Liehr von der Diözese Augsburg. (Foto: Manfred Neubauer)

Die anstehenden Probleme beim pastoralen Bedarf der Zukunft wie auch die Gebäudenutzung treibe die Diözese Augsburg um, sagte Ruth Liehr von der Stabsstelle Immobilieninfrastruktur des Bistums. Fehlende Mitglieder bedeuteten weniger Einnahmen und deshalb niedrigere Zuschüsse, die Augsburg den Pfarreien angedeihen lassen könne. "Wir müssen die traurige Realität betrachten", erklärte Liehr. Wie Pfarrer Holz hob sie hervor, dass die Diözese kein Konzept habe und den einzelnen Gemeinden auch nichts "überstülpen" wolle. Sie freue sich über jeden Input während des Pilotprojekts, das als Vorbild für andere Pfarreien dienen könnte.

Eine Kirche zu viel? Zu Unserer lieben Frau von Wladimir am Pater-Sabino-Weg wird kaum genutzt. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch wenn einige Anwesende darum warben, nicht die Immobilien-Frage in den Vordergrund zu stellen, vielmehr zu diskutieren, wie in Zukunft mehr Menschen wieder in die Kirche gelockt werden könnten, war es doch der Beitrag von Christian Taufenbach vom Architekturbüro "Element A", der nachhaltig Eindruck auf die Pfarrgemeinde machte. Der Architekt hatte die kirchlichen Immobilien in der Stadt im Detail, was Kosten und Nutzen betrifft, betrachtet: darunter die Christkönigkirche, Unsere liebe Frau von Wladimir in Steigenberg, die Hubkapelle, das Johannishaus, das ehemalige Kinderheim an der Bahnhofstraße 35 und das ehemalige Pfarrhaus in Steigenberg, in dem sich zwei Wohnungen befinden. Taufenbachs Fazit: Sechs der zehn Gebäude befinden sich in der Stadtmitte um Christkönig herum gruppiert. In alle - mit Ausnahme des neuen Franziskus-Kindergartens - muss investiert werden. "In Hinblick auf eine Nutzungsauswertung bestehen deutliche Überkapazitäten der Größe nach", sagte der Architekt. Die Baumaßnahmen in Höhe von mehr als einer Million Euro innerhalb von zwei Jahren würden ein "Schlaglicht" auf die Lage werfen und eine "schonungslose Bestandsaufnahme" unumgänglich machen.

Auch die Hubkapelle gehört zur Pfarrei Christkönig. (Foto: Manfred Neubauer)

"Zwei große Kirchen sind zu viel."

Taufenbach zeigte Beispiele, wie vor allem Kirchen in anderen deutschen Städten sowie im europäischen Ausland umgenutzt wurden. Es gab auch schon Abrisse von Sakralbauten, die durch neue, kleinere Kirchen ersetzt wurden - dem Bedarf angepasst. Ein Penzberger Beispiel: Die Christkönigkirche hat mehr als 540 Sitzplätze. Im Schnitt kommen zu den Gottesdiensten am Sonntag zwischen 60 und 90 Gläubige. "Zwei Kirchen sind zu viel, es ist ja eine schon sehr groß", kommentierte der Architekt. Der Unterhalt all dieser Gebäude erdrücke die Pfarrei, wo doch das Geld besser in der Seelsorge verwendet werden könnte, so Taufenbach. Er schlug vor, als künftige Strategie Grundstückswerte zu aktivieren. Der einmalige Verkauf sei nicht vorzuziehen, besser sei es, aus dem "toten Kapital" eine dauerhafte Einnahmequelle zu machen.

Anhand einiger Beispiele stellte er mögliche Umnutzungen dar: In Steigenberg könnte die Kirche ganz oder teilweise abgerissen und die frei werdende Fläche samt dem Grundstück des früheren Pfarrhauses für Wohnbebauung genutzt werden, die wiederum Mieterträge einbrächten. In Christkönig könnte sich Taufenbach vorstellen, einen Raum in das Kircheninnere zu stellen. Dieser könnte als "kleines Gotteshaus" genutzt werden. An hohen kirchlichen Feiertagen, wo es mehr Menschen zu Gottesdiensten drängt, könnte dieser zum Kirchenschiff hin geöffnet werden. Auch das Pfarrhaus schlug Taufenbach vor, anders zu verwerten. Der Stadtpfarrer sollte dann in das Johannishaus umziehen.

Etwa 120 Bürgerinnen und Bürger waren zur Pfarrversammlung in die Stadthalle gekommen. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Anregung eines Bürgers, eine der Kirchen als Konzertsaal zu nutzen, der in Penzberg fehlen würde, erteilte Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) eine Absage. Die Stadt könnte ein solches Gebäude aus Kostengründen nicht übernehmen. Eine Kooperation könne er sich vielmehr dort vorstellen, wo städtische Grundstücke neben solchen der Pfarrei lägen. Kritik gab es, dass die Kirchenverwaltung aus Kostengründen beschlossen hatte, die Gotteshäuser im Winter nicht zu heizen. Die Beschwerden seien angekommen, meinte Kirchenpflegerin Margareta Drexel.

All diese Informationen müsse man sacken lassen, sagte Pfarrer Holz zum Schluss der Veranstaltung. Ein erster Schritt sei getan, zumal die Pfarrei auch eine Umfrage unter ihren Mitgliedern machte und sie nach ihren Wünschen fragte. 227 Personen nahmen daran teil. Ende Februar treffen sich Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat, um den "weiteren Fahrplan" festzulegen. Taufenbach schlug vor, schnellstmöglich eine Projektgruppe zu gründen. "Noch ist alles offen", schloss Pfarrer Holz den Abend.

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