Gastronomie im Alpenvorland:Bayerische Klassiker im historischen Haus

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Das Wirtepaar Peter Charyga und Franziska Lechner vor dem frisch sanierten Gasthaus Schönmühl. (Foto: Manfred Neubauer/Manfred Neubauer)

Das Gasthaus Schönmühl bei Penzberg war dreieinhalb Jahre wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Nun ist es wieder geöffnet. Die neuen Pächter Peter Charyga und Franziska Lechner setzen auf auf Rinderbackerl und Rehragout.

Von Benjamin Engel, Penzberg

Das Gasthaus Schönmühl mit seiner jahrhundertealten Stube galt einst als bayerisches Paradewirtshaus. Zuletzt war es lange geschlossen. Dreieinhalb Jahre lang wurde das denkmalgeschützte Haus saniert. Der Charme der Räume blieb dabei erhalten. Wer das Gasthaus von früher kennt und durch die niedrige Tür in die alte Stube tritt, ist zunächst fast erstaunt: Mit den alten, etwas unebenen Bodenbrettern aus Fichtenholz, den dunklen Tischen samt Stühlen mit dem verschnörkelten Brauerei-Logo an den Lehnen, der umlaufenden grünen Sitzbank, den Schützenscheiben an der Wand und der dunklen Holzdecke sieht es fast so aus wie immer. Sogar die Verschalungen des alten Bauernschranks, in dem nun Gläser stehen, sind integriert.

Die Unterschiede zwischen alt und neu im erst Anfang Juli wieder eröffneten Gasthaus Schönmühl verwischen auf den ersten Eindruck. So behutsam und dennoch rundum erneuert haben die Eigentümerinnen Erna und ihre Tochter Hilla Krüger das Traditionswirtshaus. Die dreieinhalb Jahre Umbauzeit nennt Hilla Krüger die "härtesten Jahre" ihres Lebens.

Die alte Stube vor dem Umbau Ende 2019. (Foto: Manfred Neubauer)

An der Fassade ist das Haus auf das Jahr 1737 datiert, könnte im Kern aber aus dem 15. Jahrhundert stammen. Denkmalschützer haben die Stube in ihrer zentralen Erscheinung auf das Jahr 1800 datiert. Entsprechend vorsichtig mussten die Eigentümerinnen im historischen Gemäuer vorgehen. Auf den ersten Blick fällt kaum auf, dass die umlaufende grün gestrichene Eckbank neu ist. Die alte war zu morsch, um repariert werden zu können. Stammgäste könnten aber merken, dass die neue etwas niedriger ist als das vorherige Exemplar. Das sei vielen zu hoch gewesen, um bequem an den Tischen sitzen zu können, so Hilla Krüger.

Neu sind auch die Küche, die Heizung und die installierte Elektrotechnik. Die Eigentümerinnen haben das Haus mit einer Bodenplatte unterfangen lassen. Ein schwieriges, für die Statik jedoch essenzielles Vorgehen. "Die Bodenbretter der Diele standen praktisch auf dem Lehm", sagt Hilla Krüger. Der vom Hausbock befallene Dachstuhl musste thermisch erhitzt werden, um die Käfer abzutöten. So reihte sich eine Herausforderung an die nächste - und der ursprüngliche Gedanke, womöglich nach einem Jahr fertig zu sein, zerschlug sich. Und kurz vor Eröffnung des Gasthauses mit den neuen Pächtern konnte Krüger es immer noch nicht ganz glauben, dass die Sanierungsmaßnahmen endlich alle abgeschlossen waren.

Für den polnischstämmigen Charyga ist Bayern zweite Heimat

Die neuen Pächter Peter Charyga und Franziska Lechner sind dankbar dafür, Teil der langen Historie des Gasthauses sein zu dürfen. Der 33-jährige aus Polen stammende Koch und seine 31-jährige Lebensgefährtin - ebenfalls Köchin - haben sich bei der gemeinsamen Arbeit im Hotel Alpenhof Murnau kenngelernt. Später arbeiteten beide in Sterne-Restaurants in Freiburg, ehe sie wieder an den Alpenhof zurückkehrten. Sich gemeinsam selbständig zu machen, blieb das große Ziel. Als sie die Chance bekamen, dies im Gasthaus Schönmühl zu verwirklichen, schloss sich zumindest für die Murnauerin Franziska Lechner der Kreis. Denn ihre Mutter ist in dem Weiler südöstlich von Penzberg aufgewachsen. Ihre Tante lebt noch immer dort. Wie passend, dass Peter Charyga von Bayern als zweiter Heimat spricht. "Ich fühle mich hier adoptiert", sagt er. Die bayerische und polnische Küche seien sich ähnlich. Zudem fasziniere ihn, wie die Leute ihre Volkskultur im Freistaat lebten.

Das Pächterpaar will in Schönmühl nun bodenständige, handwerklich gut gemachte bayerische Gerichte anbieten. Geöffnet hat das Gasthaus jeweils von 12 bis 22 Uhr, warmes Essen gibt es bis 21 Uhr. Dienstag und Mittwoch ist Ruhetag. Auf der Karte mit derzeit acht Hauptgerichten stehen daher Klassiker wie Schnitzel und Schweinebraten, Rinderbackerl oder Rehragout. Das Wild ist von Charyga, der einen Jagdschein hat, selbst erlegt und zerwirkt worden. Fisch kommt aus der nahen Zucht im Loisachtal. Denn die beiden wollen regionale Produkte frisch und hausgemacht zubereiten.

Franziska Lechner mit den am Ruhetag frisch gebackenen Broten für den Gastbetrieb. (Foto: Manfred Neubauer)
Peter Charyga bereitet die geschmorten Rinderbackerl vor. (Foto: Manfred Neubauer)

So köchelt auch bei einem Besuch am Ruhetag in einem großen Topf die Sauce für die Rindsbackerl. Charyga hat Sauerteigbrot selbst gebacken. Eine Landwirtin liefert weiteres Bauernbrot aus dem Steinofen vom Riegsee. Sich gut für den Gastbetrieb vorzubereiten, ist zentral, sagen beide. Sonst wäre das kaum zu schaffen. Beispielhaft legt das Pächterpaar auch Gemüse auf Vorrat ein, um es nach Bedarf verarbeiten zu können.

Das Jägerstüberl im Jahr 2019 mit dem damaligen, langjährigen Pächter Reinhold Schiermeier... (Foto: ManfredNeubauer)
...sowie im Juli 2023. (Foto: Manfred Neubauer)

Dass das Wirtshaus mehr als bodenständig wirken kann, zeigt sich im Jägerstüberl. Heller Solnhofner Natursteinboden, helle Holztische und grüne gepolsterte Stühle strahlen moderne Frische aus und kontrastieren mit den Rehkrickerln an den Wänden. Die Jagdtrophäen geben dem Raum seinen Namen. Das Jägerstüberl, das einen zusätzlichen separaten Eingang von der Straße hat, sei für geschlossene Veranstaltungen gedacht, erklären Charyga und Lechner.

Erst kurzfristig stand der genaue Eröffnungstermin fest

Der zentrale Eingangsflur mit seinen historischen Gewölbedecken: links geht es ins Jägerstüberl, rechts in die alte Gaststube. (Foto: Manfred Neubauer)

Momentan bedienen die Wirtsleute primär die alte Stube mit 35 Plätzen sowie die Terrasse für um die 20 Gäste. Der Biergarten ist aktuell noch nicht geöffnet. Erstens sucht das neue Pächterpaar noch Service-Personal. Außerdem muss das frisch gesäte Gras noch besser anwachsen, wie Lechner sagt. "Wir haben ja relativ spontan aufgemacht." Denn die Sanierungsarbeiten seien komplex gewesen. Erst kurzfristig habe der genaue Eröffnungstermin festgestanden.

Einmal beruflich Koch zu werden, war für Charyga dagegen lange klar. "Ich habe das schon als Kind gewusst", sagt er. Beim Kochen habe er immer seiner Großmutter und Mutter geholfen. Er wuchs in der Nähe von Danzig auf, studierte später Hotel- und Gastronomiemanagement in Posen, arbeitete parallel in Metzgereien und Bäckereien. Als Koch war er in Spanien und Großbritannien tätig, ehe er nach Bayern kam. Im Alpenhof Murnau lernte er als Junior Sous Chef 2016 seine Lebensgefährtin kennen. Damals hatte Franziska Lechner gerade ihre Ausbildung als Köchin abgeschlossen.

Mit Bratkartoffeln und Kräuterquark - auch so geht Wurstsalat

Als sie am Ende ihrer Freiburger Gastronomiezeit in einem Lokal gemeinsam in der Küche arbeiteten, hätten sie gemerkt, dass sie Beziehung und Arbeit gut miteinander verbinden könnten. So beschreiben es beide. Aus dem Breisgau hat das Wirtspaar auch den Wurstsalat mit Bratkartoffeln und Kräuterquark für ihre Speisenkarte adaptiert. Und das Fleisch für die bayerischen Klassiker wie Schnitzel oder Schweinebraten stammt aus schwäbisch-hällischer Zucht. So wüssten sie, dass die Tiere ein gutes Leben gehabt hätten, sagt Charyga.

Die Gäste sollen zufrieden nach Hause gehen, erklären die Wirtsleute ihren Wunsch. Und sie sollten sich auch ruhig kritisch äußern, wenn etwas nicht passe, ergänzt Franziska Lechner. Oder für einen kleinen Nachschlag nachfragen. "Die Gäste sollen sich wohlfühlen", sagt sie.

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