ÖPNV und S7-Verlängerung:Neun Kilometer Hoffnung

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Die Bahn informiert zur Verlängerung der S 7 von Wolfratshausen nach Geretsried über Gleisverlauf und neue Bahnhöfe, Umweltschutz und Ausgleichsflächen, Umleitungen, Grundstücke und den Ablauf der Bauarbeiten. Der weitere zeitliche Verlauf hängt nun von den Einwendungen ab

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Über die geplante Verlängerung der S 7 von Wolfratshausen nach Geretsried ist in den vergangenen Jahren wenig Konkretes zu hören gewesen. Nun hat die Bahn die Pläne für die mehr als neun Kilometer lange Strecke mit vier neuen Bahnhöfen den Bürgern öffentlich vorgestellt. Am Dienstag fand in der Wolfratshauser Loisachhalle die erste Informationsveranstaltung der "Dialogphase" statt, bei der Projektleiter Michael Hatzel im Stundentakt die Planung erläuterte, die vom Eisenbahnbundesamt genehmigt wurde und nun bei der Regierung von Oberbayern liegt. Sie soll im Februar das Planfeststellungsverfahren einleiten. Dann haben betroffene Bürger zwei Monate Zeit, Einwendungen zu erheben.

So soll der S-Bahnhof in Geretsried Süd aussehen. (Foto: DB Netz AG/Vectorvision/OH)

Die Verlängerung der S-Bahn-Linie wird seit Jahrzehnten gefordert. Beim ersten Planfeststellungsverfahren 2012 gab es jedoch Hunderte Einwendungen aus Wolfratshausen, weil die Strecke zunächst überirdisch mit Schranke verlaufen sollte. Den Durchbruch brachte dann 2014 der Vorschlag, die Sauerlacher Straße für den Bahnhof zu untertunneln. Dort soll nun ein Tiefbahnhof mit Mittelbahnsteig entstehen. Der Planungsauftrag ging 2016 an die Bahn. Die Mehrkosten wollen sich Freistaat, Landkreis und die beiden Städte teilen. Das Gleis läuft auf der Strecke der ehemaligen Isartalbahn weiter über den Loisach-Isar-Kanal zu jeweils neuen Bahnhöfen Gelting und Geretsried-Mitte und schließlich zur Endstation Geretsried-Süd, die auch den Stadtteil Stein anbindet.

Ein 243 Meter langer Deckel

Einen guten Eindruck von der schönen neuen S-Bahn-Welt lieferten die von Hatzel präsentierten aktuellen Simulationen der geplanten Bahnhöfe. Über den tiefergelegten Bahnsteig in Wolfratshausen mit gläsernem Aufzug soll ein 243 Meter langer Deckel gesetzt werden, auf dem das Industriegleis, das weiterhin mit Schranke über die Sauerlacher Straße führen wird, und der verbreiterte Fuß-und Radweg zur Nachbarstadt verlaufen. Der Ladebahnhof für die Güterzüge muss ein Stück nach Süden verschoben werden, die Anwohner erhalten eine Lärmschutzwand. Das tiefergelegte Gleis soll dann erst nach der Königsdorfer Straße wieder an die Oberfläche führen. Hatzel betonte, dass die S-Bahn während der gesamten Bauzeit weiterhin nach Wolfratshausen fahre. Dafür werde ein neuer, provisorischer Bahnsteig errichtet.

Das Gleis soll dann unter der Königsdorfer Straße entlang führen. Simulationen: DB Netz AG/Vectorvision/oh (Foto: N/A)

Die geplanten Bahnhöfe auf Geretsrieder Flur wirkten in der Simulation noch etwas verloren inmitten grüner Flur. Wie der Projektleiter erklärte, wird die Stadt an allen drei Stationen Park-and-Ride-Plätze errichten, die jedoch, da sie nicht dem Eisenbahngesetz unterliegen, nicht in die Planung aufgenommen werden durften. Kurz vor der Station Gelting soll die Kreisstraße TÖL 22 verschoben werden und einen Kreisverkehr erhalten. Der Bahnhof Geretsried Mitte soll über eine Rampen- und Treppenanlage erschlossen werden und einen Wendehammer für Busse bekommen. Die Endstation Geretsried-Süd erhält einen Mittelbahnsteig und eine Abstell- und Wendeanlage für die Züge. Der ursprünglich östlich vom Gleis geplante Fuß- und Radweg wurde aus Umweltgründen gestrichen, um das FFH-Gebiet zu schonen. Fahrgäste müssen einen kleinen Umweg über die westliche Zufahrt in Kauf nehmen.

Um wichtige Fragen zu beantworten, informierten am Donnerstag Mitarbeiter der Bahn die Bürger an fünf Ständen über Umweltschutz und Ausgleichsflächen, Umleitungen während der Bauphase, Schall- und Erschütterungsschutz, vom Bau betroffene Grundstücke und den Ablauf der Bauarbeiten. Die drei Bauabschnitte - Tieflage Wolfratshausen, Wolfratshausen-Gelting und Geretsried - sollen gleichzeitig begonnen werden. Zunächst werden die Grundstücke gerodet und die Baufelder freigemacht, dann insgesamt acht Eisenbahn- und drei Straßenbrücken, Rampen, Straßen und Wege, danach die Bahnhöfe, dann Trassen und Gleise und schließlich die Oberleitungen und Signale errichtet.

Wie Projektleiter Hatzel erklärte, hängt der weitere zeitliche Verlauf von der Anzahl der Einwendungen ab. "Wir hoffen, dass der Erörterungstermin noch in diesem Jahr stattfindet", sagte er. Der Planfeststellungsbeschluss könne dann etwa 2022 erfolgen. Erst wenn das Baurecht vorliege, werde die Bahn mit den Grundstücksverhandlungen beginnen und die Baukosten neu berechnen. Die bisherige Schätzung von insgesamt rund 164 Millionen Euro stammt noch aus dem Jahr 2012, der Tiefbahnhof in Wolfratshausen wurde zuletzt mit 44 Millionen Euro taxiert. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass wir 2024 mit dem Bauen anfangen", erklärte Hatzel am Donnerstag. Der erste Zug könnte dann zum Fahrplanwechsel im Dezember 2028 nach Geretsried rollen.

Während der öffentlichen Auslegung der Unterlagen und der Einwendungsfrist von voraussichtlich Mitte Februar bis Mitte April will die Bahn eine Bürgersprechstunde anbieten, die jeweils donnerstags von 14 bis 18 Uhr in den Rathäusern Wolfratshausen und Geretsried stattfindet.

Für Geretsried findet die Informationsveranstaltung am Donnerstag, 23. Januar, in den Ratsstuben am Karl-Lederer-Platz statt, ebenfalls von 14 bis 20 Uhr, mit Vorträgen jeweils zur vollen Stunde. Informationen zur Planung gibt es online unter www.bahnausbau-muenchen.de (unter dem Reiter Überblick). Fragen zum Thema können auch per E-Mail an verlaengerung-S7@deutschebahn.com geschickt werden.

© SZ vom 17.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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