Musik und Kunst:Expressionismus mit Blues Harp

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Das Museum Penzberg will sich als kultureller Treffpunkt für ein breiteres Publikum etablieren. Konzertabende wie der von Arthur Ottowitz und Janez Gregoric sind vielversprechend. Besucher kommen allerdings noch wenige.

Von Susanne Hauck, Penzberg

Der Junge mit der Mundharmonika: An ihn denkt man bei Arthur Ottowitz zuletzt. Nicht nur, weil er mit seinem lichtem Scheitel und der Grönemeyer-Brille ganz anders aussieht als Bernd Clüver - für die, die sich erinnern - mit seiner braunen Haarmatte. Sondern vor allem, weil Ottowitz' Musizieren auf diesem winzigen Instrument mit dem weichgespülten Sound des Schlagerjünglings von einst überhaupt nichts zu tun hat.

Das Museum Penzberg hat am Freitagabend zu "Konzert und Kunst" geladen. "Wir möchten das Haus als Veranstaltungsort in der Stadt verankern", erklärt Leiterin Freia Oliv das noch relativ neue Konzept. Nicht nur bildende Kunst will sie anbieten, sondern ein Programm, "in dem jeder etwas findet". Kinderworkshops hat sie schon durchgeführt und Events mit dem doppelsinnigen Titel "Kunst und Käse". Auch Konzerte sollen vermehrt stattfinden, aber keine x-beliebigen. "Es muss natürlich eine Verbindung zu den Bildern geben", so Oliv. Zum Beispiel Musik aus Kärnten, der Heimat des deutsch-österreichischen Malers Werner Berg, der derzeit in einer Sonderausstellung gezeigt wird. Und Arthur Ottowitz, der Direktor des Bleiburger Museums, von dem die Gemälde entliehen sind, ist zufällig ein begnadeter Mundharmonikaspieler.

Die Öffnung des Museums nach außen ist bis jetzt halbwegs erfolgreich. Bei der Kulturnacht etwa, berichtet Oliv, hätten sich so viele Leute in das Foyer gezwängt, dass Bürgermeisterin Elke Zehetner kaum mehr zur Tür hineingekommen sei. "Es muss sich noch weiter herumsprechen", so Olivs Zwischenbilanz. "Insgesamt wird es aber angenommen." Am Freitagabend leider nicht. "Heute ist unser Feind das Wetter", seufzt sie.

In der Tat: Wohl wegen der sommerlichen Temperaturen und des Pfingstferien-Starts hat kaum mehr als ein Dutzend Leute den Weg ins Museum gefunden. Dabei ist alles wirkungsvoll improvisiert: Das Foyer mit den hohen Glasfenstern wurde flugs in einen Mini-Konzertsaal verwandelt, die Tickettheke in eine kleine Bar, wo man sich Wein und Holunderschorle holen kann. Wer früh dran ist, erwischt noch einen der wenigen Plätze auf der Bank und kann sich gemütlich an der Wand anlehnen. Deutlich unbequemer sehen die klappbaren Museumshocker aus, mit denen sich die späteren Gäste zufriedengeben müssen. Sonst gibt's außer der während des Konzerts immer wieder störend laut ins Schloss fallenden Eingangstür nichts auszusetzen.

Mit den Stapeln von Kunstbüchern, zwischen denen man zwanglos sitzt, erweist sich das Ambiente als ebenso inspirierend wie die Musik der beiden feinsinnigen, bescheiden auftretenden Künstler, die in der Pause bereitwillig mit den Zuhörern fachsimpeln. Arthur Ottowitz ist ein Maestro der Blues Harp, vulgo Mundharmonika, der er eine unglaubliche Klangfülle entlockt. "Yellow Moon" hieß der Titel, mit dem er mit seiner Band Blues Breakers wochenlang in der Radio-Top-Ten war. An diesem Abend begleitet ihn sein langjähriger Duopartner Janez Gregoric, der als Gitarrist ohne Frage in der obersten Liga spielt. Die beiden Instrumente sind die Grundlage für ihre Eigenkompositionen, deren Stil schwer zu beschreiben ist. Am ehesten noch als eine Art Crossover zwischen der volksmusikalischen Tradition dieses kärntnerisch-slowenischen Grenzgebiets, dem Blues und zeitgenössischen Einflüssen. Instrumentaltitel von großer innerer Schönheit, die einfühlsam und oft ein wenig melancholisch anmuten. In jedem Fall Lieder, die einladen, genau hinzuhören. "Spazieren Sie anschließend durch die Ausstellung und lassen Sie Bilder auf sich wirken", hatte Freia Oliv anfangs das Publikum aufgefordert.

In der Pause der Selbstversuch. Hat sich der Blick für die Gemälde geschärft? Es bedarf jedenfalls nicht der berauschenden Wirkung eines Glas Weins, um den Betrachter in eine gelöstere Grundstimmung zu versetzen. Die Macht der Musik reicht aus, um sich erwartungsfroh auf die Werke Werner Bergs einzulassen, der in Österreich zu den bekannten Malern zählt, in Deutschland aber heute so gut wie vergessen ist. Berg, ein anerkannter Kunstmaler aus Wuppertal, hatte sich in den Dreißigerjahren entschlossen, auf einen abgeschiedenen Kärntner Bergbauernhof zu ziehen. Seine Wahlheimat fing er in expressionistischen Bildern von gewaltiger Farbintensität ein. Motive, die gerade durch ihre Schlichtheit eine betörende Wirkung entfalten: Bauersfrauen in Kopftüchern, die auf dem Weg zur Kirche sind und typische Kärntner Landschaften von herbem Reiz. Es sind Bilder, die eine Seele haben, ganz wie die eben gehörten Songs. Fazit des Abends: Musik öffnet nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen. Und ein Museumsbesuch kann entspannt sein.

© SZ vom 11.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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