München/Geretsried:Betrug mit falschen Mobilfunkverträgen

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Acht Männer stehen vor Gericht, weil sie Provisionen für angebliche Kunden ergaunert haben, vor allem in Geretsried.

Von Benjamin Engel, München/Geretsried

Die Geduld und Aufmerksamkeit zu bewahren, ist in diesem Fall herausfordernd: Im Prozess vor der 2. Strafkammer des Landgerichts München II müssen sich am Mittwoch acht Angeklagte wegen hundertfachen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs, Beihilfe und mehr verantworten. Ihre zehn Verteidiger sitzen in der Reihe hinter ihnen. Bis in den Februar 2020 sind bislang 18 Fortsetzungstermine eingeplant. Doch zum Prozessauftakt sind die beiden Vertreter der Staatsanwaltschaft am meisten gefordert. Knapp zwei Stunden lang brauchen sie, um nur die Vorwürfe des ersten Anklagepunkts vorzulesen. Die Akte ist knapp 50 Seiten stark. Die Strafprozessordnung verlangt, alles Wort für Wort vorzutragen.

Die Masche der Angeklagten aus München und Umgebung war in den Jahren 2012 und 2013 immer dieselbe: Einige der heute zwischen 31 und 46 Jahre alten Männer betrieben Filialen von Mobilfunkunternehmen in Geretsried, München und Markt Schwaben. Sie fingierten Vertragsabschlüsse, um sich die Provisionen des Mutterkonzerns zu sichern und die angeforderten Handys weiterzuverkaufen. Den Gewinn teilten die Angeklagten auf.

Zentrale Figur des "Geschäftsmodells" war ein heute 33-jähriger Verkäufer aus München. Der Mann mit goldfarbener Brillen und am Hinterkopf zum Dutt gebundenen Haaren wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Er sitzt wegen anderer Taten seit knapp drei Jahren im Gefängnis. Ihm allein werden banden- und gewerbsmäßige Betrügereien in 672 Fällen und 338 Versuche vorgeworfen. In Geretsried soll er mit dem jetzt 37-jährigen Filial-Betreiber eines Mobilfunkunternehmens und einem inzwischen 46-jährigen Friseur die Betrugspläne ausgeheckt haben. Ein 38-jähriger Mitarbeiter soll bei der Masche geholfen haben. Von Geretsried meldeten sie über den Computer insgesamt 399 gefälschte Vertragsabschlüsse an das Mobilfunkunternehmen weiter. Dafür dachten sie sich teils Fantasiepersonalien aus oder verfremdeten die Daten von real existierenden Personen. In deren Namen forderten sie Handys an.

Für die vermeintlichen Vertragsabschlüsse zahlte das Mobilfunkunternehmen Provisionen aus und versendete die Handys an die Filiale. Die Angeklagten verkauften die Geräte weiter. So entstand in Geretsried ein Gesamtschaden von um die 290 000 Euro. Das Modell wiederholte sich in einer Filiale in München, wo in 187 Fällen ein Schaden von weiteren 65 000 Euro entstanden sein soll. Doch bei 83 gefälschten Vertragsabschlüssen schöpfte das Mobilfunkunternehmen Verdacht, zahlte keine Provision und lieferte keine Mobilfunkgeräte an die Angeklagten aus. Trotzdem soll das betrügerische Geschäftsmodell im Jahr 2013 noch bei zwei Filialen des Mobilfunkunternehmens - in München und Markt Schwaben - gelungen sein.

Darüber hinaus soll der wohl zentrale Kopf der Betrüger, der 33-jährige Verkäufer aus München, allein zugeschlagen haben. Im Mai 2015 hatte er einer anderen Person zugesagt, 100 iPhones zum Preis von 35 000 Euro besorgen zu können. Beide trafen sich vor einem Münchner Geschäft des Unternehmens. Dort zahlte der Mann 25 000 Euro an, der Angeklagte gab vor, die Summe an der Ladenkasse zu verbuchen und dann die Handys zu übergeben. Unter dem Vorwand, keine Eingangsbestätigung aus der Zentrale bekommen zu haben, soll er den Käufer dann mehrmals vertröstet haben. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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