Resümee der 165. Tölzer Leonhardifahrt:Leonhardifahrer beanstanden strenge Regeln

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Ein weitgehend positives Fazit der 165. Leonhardifahrt zogen die Stadt Bad Tölz, der Historische Verein und etwa 20 Gespannfahrer bei der Nachbesprechung. (Foto: Manfred Neubauer)

Bei der Nachbesprechung im Tölzer Rathaus diskutieren die Stadt, der Historische Verein und Gespannfahrer über das strikte Alkoholverbot, Schritt-Fahren, Sicherheitsvorkehrungen und Verkehrsprobleme.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Anton Mayer brauchte nicht lange, um seine Bilanz der 165. Leonhardifahrt in Bad Tölz zu ziehen. Eine sehr schöne Wallfahrt, super Wetter, überall Fahnen. Kurzum: "Ein Feiertag im Isarwinkel, wie er sich einfach gehört", resümierte der neue Leonhardi-Lader bei der Nachbesprechung am Montagabend im Sitzungssaal des Rathauses. Und auch Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Traditionswallfahrt, die vor gut einer Woche nach zwei Jahren Corona-Pause wieder stattfinden konnte. Als Rathauschef habe er dabei Einblicke bekommen, die er zuvor nicht hatte, sagte er. "Es ist faszinierend, was alles geleistet wurde." Aber Leonhardifahrer wären nicht Leonhardifahrer, wenn sie nicht auch deutliche Kritik übten. Beim Nachtarock ging es unter anderem um den Sicherheitsdienst, Verkehrsprobleme, das Galopp- und das Alkoholverbot während der Fahrt.

Der Anblick der Security missfiel Klaus Weil aus Kreut bei Königsdorf. Er monierte die "aggressiven Gesichter" mancher Sicherheitsleute und plädierte dafür, künftig Feuerwehrleute einzusetzen. Sie würden mit ihren Uniformen besser zur Tölzer Leonhardifahrt passen und hätten selbst mal einen schönen Einsatz, außerdem würde man sich dadurch "einen Haufen Geld sparen", erklärte Weil. So einfach sei das nicht, erwiderte Mayer. Für die Genehmigung der Wallfahrt brauche man ein Sicherheitskonzept. Die Security spiele darin eine gewichtige Rolle. Sie sei "keine Spielerei", die Stadt brauche vielmehr Partner, "die in gewisser Weise die Polizei ersetzen".

Das war für den ebenfalls neuen Leonhardi-Lader Michael Lindmair schon deshalb nötig, weil die Bereitschaftspolizei heuer ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt hatte. Die Tölzer Polizei habe deshalb einige Kolleginnen und Kollegen aus umliegenden Inspektionen um Hilfe gebeten, berichtete Lindmair. Von den Gesetzeshütern und von anderen Rettungskräften habe er die Rückmeldung bekommen, sie seien über den Einsatz der 32 Männer und Frauen vom Security-Dienst froh gewesen. Ebenso wie Mayer wies auch Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) darauf hin, dass die Feuerwehr nicht dafür ausgebildet sei, beispielsweise Schlägereien zu beenden. Solche Szenerien gehe man im Vorfeld mit den Sicherheitsbehörden durch, demnach wäre die Leonhardifahrt "keine schöne Veranstaltung für die Feuerwehr", so Mehner. Für Claus Janßen gäbe es womöglich bald keine Pferdewallfahrt mehr, wenn zu befürchten sei, dass eine Katastrophe wie bei der Loveparade 2010 in Duisburg passieren könnte. "Wir müssen dem, der unterschreibt, den Rücken stärken", sagte der Vorsitzende des Historischen Vereins mit Blick auf den Bürgermeister.

Vor der Kalvarienbergkirche segnete Stadtpfarrer Peter Demmelmair die Leonhardifahrer. Damit Besucher während des Gottesdienstes nicht mit Bierflaschen herumlaufen, wird das strenge Alkoholverbot aufrechterhalten. (Foto: Manfred Neubauer)

Ein anderes Thema war das strikte Alkoholverbot. Nach den Exzessen vor gut zehn Jahren hatte die Stadt sämtliche Ausschankflächen verboten, an den Wegstrecken ist Hochprozentiges während der Leonhardifahrt den Statuten zufolge ohnehin nicht erlaubt. Für Wallfahrer Rudolf Kramer aus Bichl, der eine Landmetzgerei betreibt und auf dem Kalvarienberg auch einen Essensstand hatte, ist diese Regelung allzu streng. Das Alkoholverbot sei seinen Kunden dort "schwierig zu kommunizieren", gewesen, sagte er. "Sie hätten gerne eine Halbe Bier zu Weißwürscht und Brezen gehabt." Kramer sprach sich gegen den Ausschank von Schnaps aus, regte aber an, den Verkauf von Bier an vielleicht drei Standorten zu erlauben. Zumal später in Supermärkten und Tankstellen ja sowieso viel Alkohol von den Besuchern der Leonhardifahrt gekauft werde.

Damit drang er jedoch nicht durch. Die Stadt müsse aufpassen, dass die Traditionswallfahrt nicht wieder zu dem werde, was sie vor Jahren einmal war, sagte Mehner. Im Klartext: ein Massenbesäufnis. Nicht der Teilnehmer, sondern der Gäste. "Ich habe den Eindruck, dass das Ganze im Moment gut ausbalanciert ist, und ich möchte dieses Ausbalancierte jetzt nicht mehr angehen", sagte der Bürgermeister. Noch deutlicher wurde Leonhardi-Lader Mayer. Auf dem Kalvarienberg sei Kirche, sei Gottesdienst, sei Predigt, sagte er. Da könnten die Leute nicht einfach mit Bierflaschen herumlaufen. "Wir müssen den Anblick der Leonhardifahrt bewahren."

Etwa 20 Gespannfahrer waren zum Nachtarock in den Sitzungsaal des Tölzer Rathauses gekommen. Eingeladen hatte traditionsgemäß der Historische Verein. (Foto: Klaus Schieder/oh)

Zwei andere Probleme sprach Gespannfahrer Max Gast aus Waakirchen an. Trotz des neuen Gebots, mit Truhen- und Tafelwagen im Schritt zu fahren, seien einige "zu schnell" unterwegs gewesen, sagte er. Nicht im Galopp, aber im Trab. Ob dies Konsequenzen habe, wollte Gast wissen. Der Hintergrund seiner Frage: Der Fuhrmann, der 2019 gefährlich die Salzstraße hinaufgaloppiert war, habe diesmal wieder mitmachen dürfen, während andere Gespannfahrer in den Jahren zuvor wegen geringerer Vergehen sanktioniert worden seien. "Vergangenheit ist Vergangenheit", meinte Mayer. Von der Leonhardifahrt 2022 gebe es Bilder und Zeugen, "das muss ordentlich aufgearbeitet werden, dann werden wir zu einem guten Ergebnis kommen". Der Leonhardi-Lader, der selbst zum 50. Mal als Gespannfahrer an der Wallfahrt teilgenommen hatte, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht so leicht sei, die Pferde jeden Meter im Zaum zu halten. "Vier Rösser im Schritt und im Zug zu haben, ist nicht so einfach."

Außerdem beklagte Gast, dass er zusammen mit sieben anderen Gespannen gut eine Stunde gebraucht habe, um aus Bad Tölz wegzukommen. Zu langen Wartezeiten kam es nach seinen Schilderungen an der Einmündung der Salzstraße in die Sachsenkamer Straße beim Gasthaus Bräustüberl und im weiteren Verlauf am Kreisverkehr beim Edeka-Markt. Ob die Heimfahrt nächstes Jahr zügiger gelingt, darf allerdings bezweifelt werden. "Dann wird die Nordumfahrung gebaut", sagte Mayer.

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165. Tölzer Leonhardifahrt
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Von Veronika Ellecosta und Klaus Schieder

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