Von 1. Juni 2022 an:Teure Unterbringung

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Landrat Josef Niedermaier ist auch Leiter des Innovationsrings des Bayerischen Landkreistags, der die Landratsämter zukunftsfähig machen will. (Foto: Manfred Neubauer)

Weil Ukraine-Flüchtlinge Grundsicherung erhalten sollen, muss der Landkreis die Mietkosten für deren Wohnungen mittragen. Landrat Josef Niedermaier warnt vor hohen Kosten.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Hilfsbereitschaft für die Geflüchteten aus der Ukraine ist groß im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Doch angesichts der mehr als 1400 Menschen, die hier eine sichere Zuflucht fanden, stoßen die Helfer an ihre Grenzen. Die Tafeln im Landkreis etwa wissen kaum noch, wie sie eine Verteilung der Lebensmittel durch Ehrenamtliche bewerkstelligen sollen. Auf die Städte und Gemeinden indes könnten künftig hohe Kosten zukommen. Damit rechnet Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler), der im Kreis-Sozialausschuss über ein Treffen mit Vertretern der Regierung von Oberbayern berichtete. Sorge bereitet ihm vor allem die Übernahme der Mietkosten. Was nicht über die finanziellen Hilfen durch den Bund gedeckt wird, schlägt in den Haushalten der Kommunen auf. "Der Landkreis müsste das über Schulden finanzieren. Oder sich das Geld über die Kreisumlage von den Städten und Gemeinden holen", sagte Niedermaier.

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben eine Sonderstellung in Deutschland: Ihre rechtliche Anerkennung gibt ihnen einen sicheren Aufenthaltsstatus. Somit sind sie besser gestellt als andere Geflüchtete, die nicht aus Europa kommen. Obendrein sollen sie von 1. Juni an die gleiche Grundsicherung wie Empfänger von Hartz IV erhalten. Das bedeutet mehr Geld, besseren Zugang zu medizinischer Versorgung und einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt. Zentrale Anlaufstellen sind die Jobcenter. Auch wenn die Aufnahme in die Grundsicherung an sich lobenswert sei, so Niedermaier, treibe sie ihm dennoch eine neue Sorgenfalte auf die Stirn. Denn bei der Finanzierung liege der Teufel "extremst" im Detail, erklärte der Landrat. Was Bayern angehe, konnte der Landkreis finanzielle Leistungen für Asylbewerber "direkt in den Staatshaushalt buchen". In anderen Bundesländern sei dies nicht der Fall gewesen, weshalb die Forderung bestand, den Bund bei den ukrainischen Geflüchteten stärker in die Pflicht zu nehmen. Berlin trägt nun gut 70 Prozent der Ausgaben für Heizung und Unterkunft. Doch der Rest der Kosten landet in den Kommunalhaushalten.

Bislang seien viele Geflüchtete privat untergekommen, oder die Vermieter würden nur "minimalste Leistungen" verlangen, sagte Niedermaier. Dass dies über Jahre hinweg so bleiben werde, davon könne man nicht ausgehen. "Was passiert, wenn ein Vermieter sagt: Es geht nicht mehr", fragte er in die Runde. Sollten ukrainische Kriegsflüchtlinge obdachlos werden, seien die jeweiligen Städte und Gemeinden zuständig, sie wieder unterzubringen. Niedermaier fürchtet deshalb, die Turnhallen müssten über kurz oder lang zu Obdachlosenunterkünften umfunktioniert werden.

Im Übrigen drängten die Geflüchteten auf den eh schon angespannten Wohnungsmarkt im Landkreis. "Dort konkurrieren sie mit allen anderen." Das Jobcenter sei verpflichtet, die Mietkosten zu ersetzen. "Der Leistungsempfänger hat einen Anspruch darauf, dass die Wohnung bezahlt wird." Eine Mietobergrenze gebe es nicht, informierte der Landrat weiter. Bis die Geflüchteten eine Wohnung fänden, könnten sie zwar in den Asylbewerber-Unterkünften des Freistaats als sogenannte Fehlbeleger bleiben - aber eben nicht auf Dauer. Ein weiteres Problem sieht der Landrat darin, dass etliche Vermieter einen Vertrag aus Sicherheit nur mit dem Freistaat oder dem Bund abschließen möchten, und nicht mit Privatpersonen. "Das haben bereits einige angekündigt."

Laut Niedermaier warten noch circa 2000 Ukrainer in München darauf, verteilt zu werden. Wie viele davon nach Bad Tölz-Wolfratshausen kommen werden, ist offen. Eines ist für ihn indes gewiss: "Das Jobcenter wird mehr Personal brauchen. Und wir mehr Geld." Der Landkreis beteiligt sich jährlich mit sechs Millionen Euro Zuschuss an den Aufgaben, für die das Jobcenter verantwortlich zeichnet. Laut Niedermaier sind die hauptsächlichen Ausgaben die Kosten für die Unterbringung.

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