Freizeit im Oberland:Badewiese statt Wikingerdorf

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Das von Bully Herbig hinterlassene Filmkulissendorf Flake ist eine Attraktion, aber wegen Statikproblemen aktuell geschlossen. Nun gibt es Forderungen, stattdessen einen Badestrand zu eröffnen. (Foto: Manfred Neubauer)

Bei einer Unterschriftenaktion sprechen sich mehr als 300 Walchenseer Bürger gegen den Erhalt von "Flake" aus.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Das Wikingerdorf "Flake" in Walchensee ist nicht mehr standsicher und seit Monaten geschlossen. Die Gemeinde hat im Haushalt vorsorglich 150 000 Euro für eine Sanierung eingestellt. Wie es mit dem Kulissendorf weiter geht, soll der Gemeinderat am 4. Juli entscheiden. In Walchensee selbst habe viele bereits eine klare Meinung: Sie sind dagegen, dass das Wikingerdorf für viel Geld saniert wird. Lieber wollen sie eine größere Badewiese, wie sie vor Flake dort war. 318 Bürgerinnen und Bürger haben einen offenen Brief mit diesen Forderungen unterzeichnet, der Ende vergangener Woche an den Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU) und die Gemeinderatsmitglieder überstellt wurde.

Angestoßen haben die Aktion sieben Bürgerinnen und Bürger aus Walchensee, darunter die beiden Gemeinderäte Reinhard Dollrieß und Frank Sommerschuh (beide Freie Wähler). "In zahlreichen Gesprächen im Ort Walchensee konnten wir feststellen, dass eine negative Stimmung gegenüber dem Filmkulissendorf ,Flake' besteht", heißt es in dem offenen Brief. Eine Renaturierung des kostbaren Uferstreifens wäre sowohl für Einheimische als auch für Gäste ein Gewinn. Und mit den im Haushalt eingestellten 150 000 Euro könnten stattdessen Bäume gepflanzt, Sitzbänke aufgestellt und "eine erhebliche Summe von Steuergeldern" eingespart werden.

Die Entscheidung soll im Juli fallen

Wie viel die Gemeinde in eine Sanierung des Wikingerdorfs tatsächlich investieren müsste, steht noch nicht fest, eine Kostenschätzung soll bis zur Juli-Sitzung vorliegen. Erst dann will man entscheiden. Die Resonanz auf die Unterschriftenaktion sei "wahnsinnig positiv gewesen", sagt Sprecherin Julia Schuster: 334 Leute habe man angesprochen, 318 hätten gleich unterschrieben. Dass Flake, das 2009 mit den Originalkulissen aus den Wickie-Filmen von Michael Bully Herbig gebaut wurde, nach wie vor ein Besuchermagnet sei, könne sie nicht beobachten, sagt Schuster, die das nahe gelegene Café Bucherer betreibt. "Der Film ist fast 15 Jahre alt und nicht mehr so aktuell".

Auch der Verkehrsverein Walchensee hat sich Gedanken über das sanierungsbedürftige Wikingerdorf gemacht und ein Konzept erarbeitet, das aber nicht der Öffentlichkeit vorgestellt worden sei, wie Schuster moniert. Diesen Vorwurf will Vereins-Vorsitzender Klaus Melf nicht stehen lassen. Denn man habe Anfang März nicht nur Bürgermeister Holz und einige Walchenseer Bürger informiert, sondern das Konzept auch in der Vereinsversammlung vorgestellt.

Ein Konzept sieht eine Liegewiese vor - mit Wikingerhütten als Umkleiden

Es sieht vor, das Areal wieder als Liegewiese umzugestalten, das dann etwa als "Familienbad Wickie" firmieren könnte. Ein oder zwei der insgesamt fünf Hütten sollen demnach stehen bleiben und eventuell als Umkleiden genutzt werden. Auch die Schnitzarbeiten, die Schülerinnen und Schüler der Fachschulen für Holz und Gestaltung des Bezirks Oberbayern erst vor zwei Jahren für das Wikingerdorf gestaltet haben, sollten bleiben. "Das wäre sonst ja schade", findet Melf. Ein behindertengerechter Zugang zum Strand wäre nötig, außerdem eine Abgrenzung des Schwimmbereichs mit Bojen, wegen der vielen Surfer. Der Eintritt sollte nach Ansicht des Verkehrsvereins kostenlos bleiben.

Bislang gebe es für Familien mit Kinder nur die "Surferwiese" als Badeplatz, die oft mit Sportgeräten belegt sei. Anders als die Initiatoren des offenen Briefs, will der Verkehrsverein einen Teil des Wikingerdorfs erhalten, "um dem touristischen Aspekt Rechnung zu tragen", sagt Melf. Der Verkehrsverein, dem etwa 100 Mitglieder angehören, sieht sich als ehrenamtlicher "Ortsverschönerungsverein", der sich dafür einsetze, dass Walchensee für Einheimische und Gäste lebenswert bleibe.

Man schätze dessen Arbeit, betont Schuster. Vom Kompromissvorschlag des Verkehrsvereins sind die Initiatoren der Unterschriftenaktion indes nicht überzeugt. "Wir wollen das Wikingerdorf gar nicht mehr", erklärt die Sprecherin.

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