Kochel am See:Marodes Wikingerdorf

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Das Kulissendorf "Flake" ist noch immer eine beliebte Touristenattraktion, bleibt diesen Sommer aber vorerst geschlossen. (Foto: Manfred Neubauer)

Wegen Mängeln an der Statik ist das Filmkulissendorf "Flake" am Walchensee geschlossen. Wann und in welchem Umfang es wieder öffnet, ist unklar.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Das Wikingerdorf "Flake" ist ein Besuchermagnet. Fünf Hütten sind am Ufer des Walchensees aufgebaut, Originalkulissen aus den Wickie-Filmen von Michael Bully Herbig, die am Walchensee in den Jahren 2008 und 2010 gedreht wurden. Es gibt Schautafeln und Führungen, die über das reale Leben der Wikinger informieren. Und dank der beeindruckenden Landschaftskulisse entfaltet "Flake" nicht nur für Kinder eine besondere Atmosphäre.

In dieser Sommersaison ist das Wikingerdorf allerdings geschlossen - wann und in welchem Umfang es wieder geöffnet wird, ist noch unklar. Denn eine Prüfung des TÜV hat erhebliche Mängel an der Statik ergeben. Die Balken sind morsch, die Standsicherheit der Hütten ist mangelhaft. Der Gemeinde obliege die Verkehrssicherungspflicht, sagt der Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU), weshalb man das Hüttendorf habe schließen müssen.

Wie es weitergeht, hängt von einer Kostenschätzung ab, die voraussichtlich in der Gemeinderatssitzung am 4. Juli vorliegt. "Dann werden wir mehr wissen", sagt Holz. Im Haushalt für dieses Jahr hat die Gemeinde aber vorsorglich schon einmal 150 000 Euro eingestellt, "damit wir handlungsfähig sind". Man wolle heuer noch "aktiv werden".

Wikingerdorf soll zumindest "nicht komplett abgerissen werden"

Klar ist aber bereits, dass der Wikingermarkt, der immer am letzten Ferienwochenende im September auf dem Gelände stattfindet, wie in den Corona-Jahren zuvor ausfällt. Denn die Planungszeit wäre zu knapp, solange noch nicht feststeht, wie es mit Flake weitergeht.

Das Ergebnis der TÜV-Prüfung sei "nicht ganz überraschend" gewesen, sagt Holz. Denn schließlich handle es sich um reine Kulissen, die nur von außen besichtigt, aber nicht betreten werden können. Bei der Berechnung könnten nicht einfach Standardwerte von normalen Gebäuden verwendet werden - was die Kostenschätzung erschwere.

Holz hofft, dass das Wikingerdorf erhalten bleiben kann. Zumindest soll es "nicht komplett abgerissen werden" - das sei auch die Tendenz im Bau- und Tourismusausschuss gewesen, deren Mitglieder das marode Kulissendorf kürzlich besichtigt hätten. "Ob alles so stehen bleibt oder eine kleinere Variante, hängt von der Kostenschätzung ab", sagt Holz. Für die Tourismusgemeinde Kochel sei das Kulissendorf eine "wahnsinnig beliebte Attraktion", die Nachfrage in den Tourist-Infos in Walchen- und Kochelsee nach wie vor groß.

Verdient ist daran freilich nichts, denn der Besuch ist kostenlos. Die Hütten des Wikingerdorfs wurden ursprünglich als Kulissen für den Kinofilm "Wickie und die starken Männer" von Michael Bully Herbig gebaut. Die Dreharbeiten fanden 2008 in der Sachenbacher Bucht im Gemeindegebiet Jachenau statt. Seine Idee, die Hütten nach den Dreharbeiten dauerhaft am Walchensee zu belassen, habe der Bully "cool" gefunden, erzählt Holz. Die Bedingung des Regisseurs sei aber gewesen, dass der Eintritt kostenlos sein müsse.

Auch die Holzskulpturen haben in den vergangenen Jahren gelitten

Ein Großteil des Filmkulissendorfs wurde also mit einigem Aufwand von Sachenbach an das Westufer des Walchensees verlegt und zwischen Surferwiese und Wasserwacht wieder aufgebaut. Allerdings zunächst vorübergehend, denn als 2010 die Fortsetzung "Wickie auf großer Fahrt" gedreht wurde, verlegte man Flake erneut an die Sachenbacher Bucht - um es anschließend endgültig in Walchensee wieder aufzubauen.

In den vergangen Jahren haben nicht nur die Hütten, sondern auch die Holzskulpturen gelitten: Weil viele Objekte verfault waren und aus Sicherheitsgründen bereits früher entfernt werden mussten, wurde in einem Gemeinschaftsprojekt der Schulen für Holz und Gestaltung des Bezirks Oberbayern neue Skulpturen geschaffen. Etwa eine Drachenbank, die seit Herbst 2021 das Wikingerdorf schmückt.

Bereits in den 1950er-Jahren entdeckte Hollywood den Walchensee, der mit seinem türkisfarbenen Wasser, den Buchten und Bergen Assoziationen zu nordischen Fjordlandschaften weckt, als Drehort: 1958 wurde dort der Kinofilm "The Vikings" mit Kirk Douglas und Tony Curtis in den Hauptrollen gedreht. Im Jahr darauf folgte die Serie "Tales of the Vikings" mit Christopher Lee.

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