Kandidat für den Tassilo 2018:Der musikalische Horizonterweiterer

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Peter Zoelch hat Bad Tölz mit einer erfolgreichen Jazz-Reihe zum Mekka für Musikfreunde gemacht.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

Jazz gilt mancherorts noch immer als Stiefkind des Kulturbetriebs. Nicht so aber in Bad Tölz, wo eine monatliche Jazzkonzertreihe im Durchschnitt über 80 Zuhörer aus dem ganzen Oberland lockt. Geschafft hat das Peter Zoelch, der die Reihe "Zoelch and friends" vor etwa 15 Jahren ins Leben gerufen und zu großem Erfolg geführt hat. "Inzwischen wissen viele, der Zoelch ist halt der Zoelch, und er bringt so ein Konzert eben auch persönlich rüber", sagt der Klarinettist, Saxofonist und Veranstalter über eines der Geheimnisse seines Erfolgs. Ein anderes ist die anregende, aber nie überfordernde Mischung von Klassikern, Standards und unbekannteren, aber entdeckenswerten Perlen des Jazz und Swing, stets frisch interpretiert von ihm und herausragenden Gastmusikern.

Der 44-jährige Zoelch ist gebürtiger Tölzer. Ob er einer Musikerfamilie entstamme, beantwortet er hingegen mit "jein". Seine Eltern hätten nicht musiziert, wohl aber seine Großeltern. Die Liebe zum Jazz käme aber doch vom Vater, glaubt er. Dieser hätte als Jugendlicher ein Faible für Jazz entwickelt und wollte Saxofon lernen, was ihm aber verboten worden sei - kurz nach dem Krieg war die Musikrichtung schließlich verpönt. Ein anderes Instrument lehnte er ab. "Da kam wohl der rebellische Jugendliche durch", vermutet Zoelch. Seiner Mutter war es indes wichtig, dass alle drei Kinder musikalisch erzogen werden. So durchlief Zoelch "die ganze Palette", wie er sagt, von der Früherziehung und dem Kinderchor bis zur Blockflöte und mit sieben Jahren dann die Klarinette. Den Jazz entdeckte er für sich als Jugendlicher, als er sich seiner ersten Band anschloss, einem Sextett mit dem etwas schrägen Namen Fifty Fingers. Nicht nur decke Jazz enorm viele emotionale Schattierungen ab und spiegle das Leben wider. "Das Schöne ist ja gerade in dieser Richtung, dass man sich auf andere einlassen kann und muss und sich die Bälle zuspielt". Mit seiner zweiten Band, der Sessions for four, musste er dann als einziger Bläser auch Solos spielen. "Eine weit verbreitete Meinung ist, dass man entweder improvisieren kann oder eben nicht. Dass man es auch lernen kann, wissen die wenigsten". Weil er mit seinem Können unzufrieden war, beschäftigte er sich intensiv mit der Improvisation und wurde dadurch nicht nur besser, sondern erst richtig frei im Spiel: "Die Theorie muss im Hinterkopf sein, die Musik aber muss aus dem Bauch heraus kommen", sagt er.

Nach dem Abi entschied sich Zoelch dennoch für einen Brotberuf und nahm ein Maschinenbaustudium auf. Erst als er in England bereits an seiner Diplomarbeit saß, reifte die Entscheidung, doch Musik studieren wollen. Zwei Jahre lang arbeitete er trotzdem noch als Ingenieur, ehe er kündigte und in Würzburg das Zweitstudium begann. Dort lernte Zoelch seine heutige Ehefrau, eine Pianistin und Klavierlehrerin, kennen, und als an der Tölzer Musikschule eine Stelle als Saxofonlehrer frei wurde, zog der frisch gebackene Diplom-Musiklehrer für Jazz samt Frau zurück in seine Heimat.

"Inzwischen bin ich allerdings im dritten Beruf angekommen", lacht er und meint damit nicht Veranstalter: Seit zehn Jahren arbeitet Zoelch als Realschullehrer für Mathe und Physik. Eine Entscheidung aus familienpolitischen Überlegungen: "Wenn beide an der Musikschule nachmittags arbeiten, lässt sich das schwer vereinbaren mit den Kindern". Doch die Musik brauche er dringend weiter in seinem Leben, betont er. Und so sagte er zu, als ihn ein Tölzer Wirt um einen Auftritt bat. So entstand die Idee einer Jazzreihe. Die Qualität der Darbietungen und der legere Rahmen gewann schnell ein treues Stammpublikum. Inzwischen finden die Auftritte im Kleinen Kursaal statt. Zoelchs Netzwerk hat sich enorm vergrößert, zumal der Ruf der Reihe vorauseilt, so dass namhafte Größen der Szene mit auf der Bühne stehen. "Der Jazz reizt mich noch immer, so wie jeder Auftritt. Weil es immer was Neues ist und man als Musiker seinen Horizont erweitert und daran wächst". Und wenn sich die Musiker nicht nur gekonnt, sondern eben auch gerne mit ihren Instrumenten unterhalten, dann ist das stets zum Vergnügen des Publikums.

Leserinnen und Leser der SZ haben bis 28. Februar die Gelegenheit, Personen und Gruppen vorzuschlagen, die in ihrem Landkreis oder Stadtviertel künstlerisch wirken oder in der Kulturarbeit aktiv sind. Das Spektrum kann vom Kirchenchor über Kammermusiker bis zur Rockband reichen, vom Volksmusikanten bis zum Videokünstler, Filmemacher oder Veranstalter. Vorschläge können per E-Mail unter tassilo@sueddeutsche.de oder per Post an die SZ Bad Tölz-Wolfratshausen, Untermarkt 2, 82515 Wolfratshausen, geschickt werden.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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