Lebenshaltungskosten in Bad Tölz-Wolfratshausen:"Inflations-Ebbe" im Portemonnaie bei Gebäudereinigern

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Eine Gebäudereinigerin wischt einen Fußboden. Die Gewerkschaft IG Bau schlägt allerdings Alarm, dass die meisten Betriebe in Bad Tölz-Wolfratshausen bislang keine Inflationsausgleichsprämien für Reinigungskräfte zahlen. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Der Bezirksvorsitzende der IG Bau Oberbayern übt heftige Kritik an Arbeitgebern der Branche und bittet Bundestagsabgeordnete um Hilfe.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gibt es nach Angaben der Gewerkschaft IG Bau 32 Betriebe der Gebäudereiniger-Branche. "Wer da arbeitet, hat ein massives Problem - und zwar im Portemonnaie", sagt Harald Wulf, Bezirksvorsitzender der IG Bau Oberbayern, und übt heftige Kritik an den Arbeitgebern: "Wenn es darum geht, die Härte der Inflation abzufedern, zeigt die Reinigungsbranche den eigenen Leuten die kalte Schulter." Von Lebensmitteln bis zur Miete - die Preise schießen nach oben. Trotzdem gebe es für diejenigen, die Gebäude in Bad Tölz-Wolfratshausen sauber halten, in den meisten Betrieben keinen Euro und keinen Cent extra, so Wulf: "Inflationsausgleichsprämie für Reinigungskräfte - Fehlanzeige!"

Der Vorwurf der IG Bau Oberbayern: "Arbeitgeber in der Gebäudereinigung weigern sich seit Monaten, ihren Beschäftigten in der Inflation finanziell unter die Arme zu greifen", so Wulf. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks sei nicht einmal zu Gesprächen bereit. Dabei sei die finanzielle Situation der meisten Reinigungskräfte dramatisch: "Bei ihnen herrscht 'Inflations-Ebbe' im Portemonnaie." Hier gehe es nämlich um Menschen, die die Inflation mit voller Wucht treffe. "Wer in der Gebäudereinigung arbeitet, muss ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen. Denn Reinigungskräfte arbeiten immer noch für einen Niedriglohn", sagt der Vorsitzende der IG Bau Oberbayern.

Betroffen davon seien viele: In Bad Tölz-Wolfratshausen arbeiten rund 340 Menschen in der Reinigungsbranche, so die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung. Sie beruft sich dabei auf Zahlen der Arbeitsagentur. "Sie halten Schulen, Büros und Arztpraxen sauber, wischen Flure, saugen Teppichböden und putzen Fenster. Die Frage ist nur: Wie lange noch?", sagt Wulf. In der Reinigungsbranche herrsche längst ein "eigenes Inflationsgesetz: hohe Inflationsrate - hohe Kündigungsrate. Denn je größer das Loch, das die Inflation in die private Haushaltskasse reißt, desto größer ist der Druck, der Branche den Rücken zu kehren. Es könnten mehr und mehr bei der Bodenwischmaschine den Stecker ziehen - für immer", so der IG Bau-Bezirksvorsitzende.

"Sie sind dabei, ihr wichtigstes Kapital zu verpokern"

Wulf warnt, die Arbeitgeber der Gebäudereinigung spielten "ein gefährliches Spiel": "Sie sind dabei, ihr wichtigstes Kapital zu verpokern: Die Menschen, die für sie eine saubere Arbeit machen."

Die vom Statistischen Bundesamt (Destatis) für Oktober erwartete Inflationsrate von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat könne keine Gebäudereinigerin und kein Glasreiniger einfach so wegstecken. "Ein Preisschub von über 27 Prozent bei Nahrungsmitteln innerhalb von nur zwei Jahren - das schlägt eins zu eins durch. Denn wer in der Gebäudereinigung arbeitet, der hat kein Polster im Portemonnaie." Somit bleibe nur der Ruf nach staatlicher Hilfe. An die heimischen Bundestagsabgeordneten appelliert die IG Bau Oberbayern deshalb, den "Warn-Notruf der Gebäudereinigung" mit nach Berlin zu nehmen.

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