Icking:Hilferuf aus dem Rathaus

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Zum Bohrplatz in Attenhausen wurde eine Zufahrt angelegt. Nicht alle Baufahrzeuge sollen sie nutzen dürfen, was Icking als Schildbürgerstreich ansieht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Gemeinde fühlt sich mit dem "reichlich überdimensionierten Geothermievorhaben" allein gelassen. Bürgermeisterin Menrad wendet sich ans Wirtschaftsministerium.

Von Claudia Koestler, Icking

Seit rund eineinhalb Jahren beschäftigt sich der Ickinger Gemeinderat nun schon damit, wie die von der Erdwärme Bayern GmbH geplante Geothermieanlage zwischen Dorfen, Attenhausen und Walchstadt möglichst verträglich errichtet werden kann. Doch manche Fragen sind noch immer offen, und es mehren sich die kritischen Stimmen ob des größten Geothermieprojekts in Deutschland. "Wir sind uns sicher alle einig, dass das Geothermievorhaben für unsere Gemeinde doch reichlich überdimensioniert ist", sagte Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) am Montag. "Wir brauchen hier die Unterstützung des Staates", forderte sie und erklärte, dass sie sich deshalb mit einem Brief an das Wirtschaftsministerium und das Innenministerium gewandt habe: Zum einen gehe es um die Nutzung einer Waldzufahrt für die Baufahrzeuge, zum anderen um eine Fläche, die dem Bund gehört.

Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) begrüßte Menrads Initiative. Denn bisher sei die Gemeinde "mit den Fragen, die eigentlich für uns überdimensioniert sind, allein gelassen" worden. Der Staat fördere Geothermieanlagen, "da sollen sie uns im konkreten Fall und bei kritischen Fragen doch auch bitteschön zur Seite stehen", sagte Nipperdey.

Dem Gemeinderat ist laut Menrad bewusst, dass es einerseits ein großer Erfolg für die Energiewende wäre, wenn die Realisierung klappen würde. Andererseits habe die Gemeinde auch gar keine rechtliche Handhabe, dagegen vorzugehen. "Deshalb versuchen wir ja gemeinsam, einen Weg zu finden, der sowohl der Energiewende Rechnung trägt als auch unseren Bürgerinnen und Bürgern", betonte sie und meinte damit den Bebauungsplan. Diesen nannte Nipperdey allerdings "Kosmetik": Mehr als das sei er nicht, weil er keinen Einfluss habe auf Grundsatzfragen, etwa, was mit dem Dampf passiere oder wie sich die Anlage auf Dauer einfüge. Sie verwahrte sich zudem "mit Nachdruck dagegen, dass der Gemeinderat den Eindruck erweckt, wir seien Wachs in der Hand einer solchen Unternehmeridee und der allgemeinen Energiewende: Wenn alle für die Energiewende sind, muss sich Icking eben opfern". Die Kommune setze ihr Kapital, die Landschaft, aufs Spiel. "Wir haben keinen Nutzen, außer dass wir uns einen Haufen Probleme einfangen", schloss Nipperdey.

Menrad relativierte die Kritik am Bebauungsplan: "Nur dadurch können wir Grenzen setzen, Immissionsschutz und den ökologischen Ausgleich in Icking sicherstellen, nicht andernorts." Doch sie wolle sich auch nicht lapidar mit dem Begriff "privilegiertes Vorhaben" abspeisen lassen. Dass die Bevölkerung die Energiewende mittrage, könne nur erreicht werden, "wenn auch der Staat seinen Teil dazu beiträgt". Konkret erwartet sich die Bürgermeisterin die Unterstützung des Staates in Sachen Baustellenzufahrt und Thermalwasserleitung zur Injektionsbohrstelle im Ortsteil Walchstadt.

Es gehe darum, dass die von der Raststätte Höhenrain an der Autobahn A 95 aus bereits gebaute Waldzufahrt auch genutzt werden kann, und zwar nicht nur für Lastwagen, die mindestens 40 Tonnen oder mehr wiegen, sondern auch für alle größeren Baufahrzeuge. "Es wäre in meinen Augen ein Schildbürgerstreich, wenn hier eine Schneise durch den Wald geschlagen wird und es dann heißt, das Gros der Baufahrzeuge fährt trotzdem durch die Ortschaften." Attenhausen, Dorfen, Walchstadt, aber auch Höhenrain und Münsing würden so mit starkem Baustellenverkehr "absolut überlastet". Und das auf Straßen, die dafür keinesfalls geeignet seien, in den meisten Fällen über keine separaten Gehwege verfügten, aber Schulweg für die dortigen Kinder seien.

Die Thermalwasserleitung sollte nach Menrads Willen im Grünstreifen entlang der Autobahn gebaut werden, weil Gemeindewege und Straßen schon jetzt völlig mit den verschiedensten Rohren und Leitungen belegt seien. "Abgesehen davon, dass die Bautätigkeiten das Gemeindeleben wieder schwerst belasten würden", sagte Menrad. Der Grünstreifen aber gehört dem Bund. Sie sehe den Staat hier in der Pflicht, seinen Teil beizutragen, sagte sie. Das Wirtschaftsministerium habe das Schreiben an den Innenminister weitergegeben. Eine Antwort habe sie bislang nicht erhalten.

Claudia Roederstein (UBI) regte zudem eine Informationsveranstaltung der Erdwärme Bayern für die Ickinger Bürger an. Menrad ist hierzu laut eigener Aussage bereits mit der Firma im Gespräch.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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