Obsternte:Den Saft abgedreht

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So üppig wie an diesem Baum hängen die Äpfel in der Region heuer fast nirgends. Das liegt am kalten und gewittrigen Wetter im Frühjahr. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nach Frost und Hagel im Frühjahr hängen an den Bäumen kaum Äpfel - darunter leiden vor allem die Mostereien

Von Dorothea Gottschall, Bad Heilbrunn/Lenggries

Man erinnert sich mit einem leichten Grauen an das Frühjahr. Erst war es lange frostig, dann kam der Hagel. Dabei wurden viele Autos verbeult und Dachfenster eingeschlagen. Und nun, mit ein paar Monaten Verspätung, macht sich das bescheidene Wetter aus dem Frühjahr noch einmal schmerzlich bemerkbar. An den Apfelbäumen in der Region hängt heuer nämlich kaum eine Frucht.

Das liegt vor allem daran, dass die Biene nicht gerne fliegt, wenn es kalt ist. Viele Blüten sind also erfroren oder wurden zumindest nicht bestäubt. "Dieses Jahr ist einfach ein schlechtes Bienenjahr", sagt Adriane Schua, die Regionalchefin von "Unser Land". Das wirke sich eben auf die regionale Apfelernte aus. Und die Hagelgewitter im Juni hätten dann ihr Übriges getan. Was nicht ohnehin schon tot war, wurde von den Eiskörnern vom Baum gewischt.

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Das Bauernetzwerk Unser Land veranstaltet seit 15 Jahren Apfelsammlungen. Streuobstwiesen sind schließlich von immenser Bedeutung, wenn es um ökologische Vielfalt geht. Und die Wiesen beheimaten eben nicht nur diverse Pflanzen- und Tierarten, sondern auch manch seltene Apfelsorte. "Da schmeckt jeder Saft dann ein bisschen anders", sagt Schua. Alle Regionalverbände von Unser Land würden beim Saftpressen nämlich ausschließlich Äpfel aus dem eigenen Gäu verwenden. Bei der ersten Sammlung vor ein paar Wochen im Oberland wurde allerdings kein einziger Apfel abgegeben. Diesen Samstag gibt es bei der Biogärtnerei Holzmann in Bad Heilbrunn nun eine zweite Sammlung. Wenn da wieder niemand Äpfel zuliefert, werden wohl nur sehr wenige Flaschen vom beliebten Streuobstsaft abgefüllt. "Wenn die Ernte schlecht ausfällt, gibt es das Produkt nur kurze Zeit oder auch gar nicht", sagt Schua. "Es wird nichts dazu gekauft."

Die Apfelarmut bei Unser Land ist anscheinend keine Ausnahme. Auch Nikolaus Filgertshofer, der Chef von Fruchtsäfte Wenig in der Gemeinde Lenggries, geht es in diesem Jahr nicht anders. Er bezieht seine Äpfel aus einem Umkreis von 35 Kilometern - doch da ist nicht viel zu holen. "Mit dem Tanklager der vergangenen Jahre können wir zumindest ein paar Verluste überbrücken", so Filgertshofer. Von der Möglichkeit, beim ihm Äpfel abzugeben, machten heuer jedenfalls nur wenige Leute Gebrauch.

Noch bis Ende Oktober kann man bei der Obstannahmestelle auf Filgertshofers Betriebsgelände in Schlegldorf Äpfel abliefern. Sowohl er als auch Adriana Schua von Unser Land setzen nun vornehmlich auf die späten Apfelsorten. "Mit der Ernte von Boskop, Bohnapfel oder Winterrambur könnten wir noch Glück haben", schätzt Filgertshofer. Und wer weiß: Vielleicht wird 2022 wieder ein besseres Bienenjahr. Dann klappt es auch wieder mit der Apfelernte.

© SZ vom 14.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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